Wie sieht der Journalismus von morgen aus? Was müssen Journalisten heute schon können? Und wie werden sie sich künftig finanzieren? Es passiert gerade ziemlich viel in der Medienwelt. Welche Richtung dies nimmt, weiß keiner so genau. Und trotzdem: Junge, talentierte Schreiber zieht es weiterhin in den Journalismus. Wir stellen sie in unserer Reihe Junge Journalisten vor: Redakteure, Reporter, Blogger und Publizisten unter 33, die sich mit der Online-Branche beschäftigen. Heute mit Dennis Schöberl, Redakteur bei CHIP.
1. Seit wann steht für Dich der Berufswunsch Journalist fest? Was gab den Ausschlag?
Ich bin großer Auto- und Technik-Fan, deshalb stand schon früh für mich fest, dass ich später mal etwas mit Autos oder Unterhaltungselektronik machen möchte. Da ich aber nicht der größte Zahlen-Jongleur bin, hab ich mich nach Abbruch meines Fahrzeugtechnik-Studiums (ich wollte es immerhin mal probieren) voll auf Medien und das Schreiben fokussiert.
2. Ist Dein Arbeitsalltag wie Du ihn Dir vorgestellt hattest, oder gab es im positiven wie negativen Sinne Überraschungen?
Meine Abteilung bei CHIP betreibt reinen Online-Journalismus und fokussiert sich vor allem auf Hardware-Tests und Elektronik-Kaufberatung. Aus diesem Grund lässt sich mein Tagesgeschäft zum Beispiel schwer mit dem Redaktions-Alltag einer Tageszeitung vergleichen. Mit klassischen Textformaten wie einem Feature oder einer Reportage komme ich zum Beispiel so gut wie gar nicht in Berührung – dafür stehen bei mir Live-Videos, News, Testberichte, Tipps und Bestenlisten auf dem Plan. Und die Dynamik eines Online-Mediums ist immens – alles muss viel schneller gehen
3. Was war Dein skurrilstes Erlebnis bisher in Deiner Berufslaufbahn?
Besonders abgefahren war ein Anwaltsschreiben eines Smartphone-Herstellers. Ich hatte ein Handy getestet und es war einfach so schlecht, dass das Gerät in der Bestenliste auf dem vorletzten Platz gelandet ist. Das gefiel dem Hersteller nicht besonders und er stellte in seinem Anwaltsschreiben völlig überzogene Forderungen. Am Ende verlief das ganze natürlich im Sande.
4. Inwieweit nutzt Du das Social Web für Themen-Recherche und -Inspiration?
Das Social Web ist ein obligatorischer Bestandteil meines beruflichen Alltags. Ich benutze Twitter, Facebook und RSS-Feeds nicht nur zur Themenrecherche, wir posten auch selbst auf den entsprechenden Kanälen und treten mit den Usern in Kontakt.
5. Blogger werfen (bewusst) viele der althergebrachten Regeln über den Haufen. Sie schreiben viel subjektiver, kommentierender. Wie wird das den klassischen Fachjournalismus Deiner Meinung nach verändern?
In meiner Branche sind Blogger bereits völlig etabliert. Sie reisen genauso wie wir Journalisten zu den Hersteller-Events und großen Messen, betreiben dort einen immensen Aufwand und fischen sogar die ein oder andere Story aus dem Themen-Pool, die uns größeren Medien durch die Lappen geht. Gerade was Testberichte von HiFi & Co. angeht, setzen die User meiner Meinung nach aber doch gerne noch auf vergleichbare und unabhängige Tests wie CHIP sie betreibt.
6. Ein Artikel über Dich: Welche Überschrift müsste der haben?
Wer würde denn sowas lesen wollen?
7. Was ist Dein Trick, um ruhig Blut vor dem Redaktionsschluss zu bewahren?
In einer Online-Redaktion gibt es täglich Deadlines und Dinge, die fertig werden müssen. Man gewöhnt sich dran. Außerdem habe ich ein gutes Verhältnis zu meiner Chefin – da kann man auch mal ein Thema schieben, wenn es nicht rechtzeitig fertig wird.
8. Wie schaltest Du vom Job ab, oder denkst Du rund um die Uhr an die Headline von morgen?
Da ich meistens mit dem Rad unterwegs bin und nach der Arbeit quer durch die Münchner City muss, sehe ich auf dem Heimweg so viele kuriose Situationen zwischen Autofahrern, Fahrradfahrern oder Fußgängern – da ist die Arbeit oft schnell vergessen. Wenn’s nicht klappt, dann wird gekocht oder die PlayStation angeschaltet.
9. Wenn wir hier mal den besten Fachartikel küren würden: Welchen Deiner Berichte würdest Du einreichen? Und warum?
Ich habe mal einen 13-teiligen Artikel über Roaming-Gebühren in der EU geschrieben. Die Fertigstellung hat eine ganze Woche gedauert. Das gibt’s in (m)einer Online-Redaktion eher selten. Da ich am Ende wirklich mega-stolz war, würde ich diesen Artikel einreichen.
10. Kein Mensch ist perfekt. Welchen Ratschlag wolltest Du Deinem Chefredakteur immer schon mal geben?
Ich würde jedem Chefredakteur allgemein empfehlen, in starken Austausch mit seinen Redakteuren zu treten. Umgekehrt sollten die Redakteure auch durchaus darüber im Bilde sein, wie der Chefredakteur seinen Alltag verbringt und an welchen Projekten er gerade sitzt. Nähe zum Team ist wichtig, denke ich.
11. Was machst Du in fünf Jahren?
Da feiere ich meinen 30. Geburtstag 🙂