Deutsch ist nicht gleich Deutsch: unsere Learnings

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Deutsch ist nicht gleich Deutsch: unsere Learnings

Haben Sie einen Amerikaner schon einmal zum Public Viewing eingeladen? Dann haben Sie seinen schockierten Gesichtsausdruck sicherlich noch im Kopf. Kein Wunder! Anstatt zum Fußball wollten Sie mit ihm zur öffentlichen Leichenschau. Schein-Anglizismen machen uns Deutschen das Leben schwer. Gerade in den Branchen Werbung, PR und Digital ist unser Wording aber voll davon. Jede Woche besprechen wir mit Kunden die Learnings der letzten Kampagne. Die Kollegen aus UK oder den USA tauschen sich indessen lieber über die gewonnenen Insights aus. In Exposés schreiben wir gerne von der Expertise, die unsere Person besitzt. Nur: Hilft ein Expertengutachten dem Leser hier tatsächlich weiter?

Kommen wir zur nächsten Spezies, die studierte Germanisten an den Rand der Verzweiflung treibt: Formulierungen, die es eigentlich gar nicht gibt. Sie stehen nicht im Duden – oder besser gesagt noch nicht, verbreiten sich aber dennoch schneller als jedes Norovirus. So enden Konferenzen zum Beispiel immer häufiger mit dem Fazit ‚am Ende des Tages‘. „Das heißt ‚letzten Endes‘, verdammt!“ würde der ein oder andere hier gerne einwenden und das Publikum belehren: „Das wurde doch einfach nur falsch übersetzt!“. Doch mitnichten kann man das einem Referenten antun. Bitte was? Ach so, Sie meinen ‚auf keinen Fall‘!

Pleonasmus, Neologismen und Schein-Anglizismen

Machen wir einen kleinen Test: Zwei Zwillinge renovierten im Mai diesen Jahres den Unterstand für ihren weißen Schimmel neu. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten, für die ein restlos ausverkaufter Baumarkt sorgte, ist die Sanierung dann doch noch erfolgreich geglückt. Liest sich ganz gut, oder? Nur: Sind Zwillinge nicht automatisch zu zweit und Schimmel sowieso immer weiß? Deuten Startschwierigkeiten nicht per se auf Probleme am Anfang hin und ein ausverkaufter Baumarkt auf fehlende Reste? Und: Wenn etwas glückt, ist man dann nicht automatisch erfolgreich? Sie merken: auf die Feinheiten kommt es an!

Aber auch die Grammatik sollte in unserem Beruf nicht außer Acht gelassen werden. Haben Sie die Fehler entdeckt? Selbstverständlich muss es ‚im Mai dieses Jahres‘ heißen. Ebenso wie ein Baumarkt nicht für jemanden oder etwas sorgen kann – er ist ja schließlich kein Mensch. Das interessiert Sie in keinster Weise? Autsch! Da sind Sie heute aber der/die Einzigste. Tatsächlich fällt im alltäglichen Sprachgebrauch kaum mehr jemandem auf, dass Wörter wie „keiner“ oder „Einziger“ gar nicht gesteigert werden können. Also: Who cares? Wenn nicht Ihre Leser, dann zumindest Ihre Kollegen – bei der nächsten Runde Bullshit-Bingo

Wie? Sie haben noch nicht genug?

Dann habe ich noch diese zwei für Sie:
– Warum wird man niemals sehen, wie eine Entwicklung weitergeht?
– Und: Worin unterscheiden sich scheinbar und anscheinend deutlich?

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