User-Bewertungen sind gefährlich

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User-Bewertungen sind gefährlich

Das Vorurteil hält sich hartnäckig: Der User als solches ist, gerade wenn er im Internet unterwegs ist, ein unkalkulierbarer Kritikaster, der alles und jeden verfailt. Egal ob das Lokal auf Qype, der Arzt auf jameda, das Hotel auf Holidaycheck oder HRS, kein Angebot und kein Service ist vor seiner ätzenden Ablehnung sicher.

Diese Sichtweise teilen viele Unternehmen, gerade aus dem Mittelstand. Sie stehen der Kundenbewertung via Internet äußerst skeptisch gegenüber. In einer aktuellen Studie vom Herbst 2011 ließ die telegate AG KMUs befragen, wie sie Empfehlungsmarketing im Social Web bewerten. Das Ergebnis: 90 Prozent der Betriebe glauben, dass Kundenbewertungen für den Geschäftserfolg entscheidend sind. Trotzdem haben die meisten Betriebe Berührungsängste: Nur ein gutes Drittel lässt sich im Web bereits von den Usern bewerten. Und lediglich jede achte Firma setzt das Kundenecho für die eigene Vermarktung ein. Größer könnte die Diskrepanz kaum sein.

Dabei berichten die Betriebe, die bereits Erfahrung gesammelt haben, von eher positivem Feedback. Laut Studie seien 88 Prozent der Online-Bewertungen positiv gewesen, 9 Prozent neutral und nur 3 Prozent negativ.

Jameda

Ein willkürliches Beispiel aus jameda: Die fünf Hausärzte in der Nähe unseres Büros erhalten alle Top-Noten.

Die positiven Überraschungen bei Kundenbewertungen decken sich auch mit den Erfahrungen, die wir persönlich, aber auch mit Kundenprojekten im Web machen. Natürlich ist diese Form der Transparenz für Unternehmen nie ganz ohne Risiko. Aber wer auf Dauer darauf verzichten will, geht ein noch höheres Risiko ein. Denn dass Online-Quellen mittlerweile im Kaufprozess eine größere Rolle spielen als Offline-Quellen, hatte vor kurzem erst TNS-Infratest in einer repräsentativen Studie belegt. 

Dass es allerdings im Einzelfall auch durchaus gefährlich sein kann, als User eine Bewertung abzugeben, zeigt eine Räuberpistole aus Göttingen. Laut Göttinger Tagblatt entführte ein Pizzabäcker einen Kunden und hielt diesen stundenlang gefangen, weil es der Kunde gewagt hatte, dem Pizza-Service nach einer unangehmen kulinarischen Erfahrung online eine schlechte Bewertung zu erteilen. Manchmal kann das Klarnamen-Prinzip auch in Demokratien wirklich gefährlich sein.

Christian Faltin

2 Kommentare

  1. Jüngst erhielt ich aus dem Publikum beim Vortrag das Feedback, dass Nutzer z.B. bei durchweg positiven Smartphone App-Bewertungen im Store skeptisch sind, ob die nicht „gekauft“ sind. Sie erwarten ein „ausgewogenens“ Bewertungsbild, um es als überzeugend und glaubhaft/authentisch zu emfinden. Dazu passt dieser Beitrag „Bad reviews are good for business“: http://usefulsocialmedia.com/blog/tuesday-update/this-weeks-tuesday-update-with-bad-reviews-are-good-inbound-marketing-advice-and-tracking-facebook-page-growth – also keine Angst vor ehrlichen und vielleicht nicht ganz so günstigen Bewertungen 😉

  2. Hallo Doris,
    deiner Sichtweise schließe ich mich gerne an. Ich persönlich werde auch skeptisch, wenn ich ausschließlich euphorische Bewertungen zu einem produkt oder einer Dienstleistung lese. Da ist eine abwägende Sichtweise eher förderlich, da sie als glaubwürdiger wahrgenommen wird.

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