Als Münchner PR-Agentur befinden wir uns nun offiziell in der bayerischen fünften Jahreszeit. Seit fast zwei Wochen strömen wieder täglich tausende Trachtler und Touristen auf die Wiesn (Fia olle Zuagreisdn: zum Oktoberfest). Grund genug für uns, einmal den Blick über die manchmal mehr, manchmal weniger gelungenen Werbeaktionen rund um das größte Volksfest der Welt, schweifen zu lassen. Und natürlich möchte jedes Unternehmen von dem Besucherstrom aus der Ferne profitieren – was für ein Geschäftsmann müsste man sein, so eine Chance vorbeiziehen zu lassen?
Doch die Wiesn-Werbe-Wut macht weder an der Münchener Stadtgrenze halt, noch scheut sie sich, den Weißwurstäquator zu überqueren. So springen auch einige Werbetreibende auf den Wiesn-Zug auf, die – ganz nüchtern betrachtet – nichts mit der bayerischen Folklore gemein haben – vor allem auf Facebook.
Hier einige Beispiele:
Da postet Star Wars – sonst eher bekannt für den Kampf zwischen Gut und Böse im Weltraum – ein Lebkuchenherzal mit einem zuckrigen BB-8 und erkundigt sich, wen es denn aus einer fernen Galaxie auf das Oktoberfest verschlüge?
Der Post der Sternenkrieger lässt uns etwas ratlos zurück. Sollten wir vielleicht mal die in München gastierende Ausstellung „Star Wars Identities“ besuchen?
Auch die Bonner Restaurantkette Vapiano, die statt Weißwurst und Brezen italienische Speisen serviert, wirbt auf Facebook mit einem eigens für die Wiesn erstellten „Oktoberfest-Guide“, der in Zusammenarbeit mit drei Münchener Bloggerinnen entstand.
Wo hier der thematische Zusammenhang zwischen Unternehmen und Oktoberfest besteht, das weiß wohl nur Vapiano selbst. Immerhin gibt es ein Vapiano-Restaurant an der Haltestelle Hackerbrücke – ein hochfrequentierter Umschlagspunkt für angeheiterte Wiesn-Besucher – aber ob denen nach drei Brezen und einem Hendl noch nach Nudeln und Pizza zumute ist, bleibt fraglich.
Auch der Telefonanbieter o2 hofft, dass ihm angeheiterte Oktoberfestbesucher ins Netz gehen. Trotz eines maßgeschneiderten Wiesn-Gewinnspiels in dem virtuell Herzerl an den Mann und die Frau gebracht werden sollen, bleibt dies eher unwahrscheinlich, denn guter Empfang ist auf der Wiesn eher Mangelware.
Unsere Hitliste der zusammenhanglosesten Werbeaktionen rund um das größte Volksfest der Welt führt aber die Kinder Schokolade an. Bereits 2015 runzelten wir die Stirn ob des quietsch-bayerischen Oktoberfest-Gewinnspiels mit den beiden Hauptdarstellern Milch und Schokolade – er in Lederhosen und sie mit Herzerl-Anhänger und Blumenkranz. 2016: ein Revival. Auf allen Kanälen springt die Kampagne dem Betrachter entgegen.
Wer auf der Kinderriegel-Facebookseite unterwegs ist und Milch und Schokolade vergnügt am Eisbach surfen sieht oder ein Selfie der beiden vor dem Münchener Rathaus bestaunt und immer noch nicht weiß, was das mit der Wiesn zu tun hat, den erleuchtet dann hoffentlich der „Zillertaler Hochzeitsmarsch“, der durch alle Videos in Zusammenhang mit dem Oktoberfest-Gewinnspiel dudelt – ob im TV oder auf YouTube. Mein persönliches Aha-Erlebnis: Die Schokolade kann schuhplattln. Unklar ist mir aber immer noch, wo denn jetzt der Zusammenhang zwischen Schokoladenriegel und Oktoberfest liegt.
Da verabschieden wir uns doch lieber auf die Wiesn, fernab von Pizza, Schokolade und Co. und vielleicht entlockt uns der „Zillertaler Hochzeitsmarsch“ das ein oder andere Zucken …