Vom Magazin in Online und Print, über WhatsApp bis hin zu Spotify und Instagram – in unserer PR-Arbeit nutzen wir tagtäglich die verschiedensten Medien und Kommunikationskanäle. In unserer neuen Rubrik beschäftigen wir uns ab sofort mit Fragen, die uns in unserem PR-Alltag über den Weg laufen. Zum Start: Eignet sich Spotify als Kanal zur Unternehmenskommunikation?
Egal ob in der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit, zu Hause mit Freunden oder im Urlaub –  Spotify ist allgegenwärtig. Inzwischen nutzen über 207 Millionen Hörer die App regelmäßig. Spotify ist Kult.  Vor allem für zahlende User sind die Funktionen extrem vielfältig:  Jeder kann seine eigenen Playlists mit den persönlichen All-Time-Favourites befüllen, sie nach Stimmungen oder Anlässen ordnen und benennen und sie anschließend mit Freunden teilen. Unternehmen haben Spotify längst für sich entdeckt. Die Chance, sich als Unternehmen von der nahbaren Seite zu zeigen und den Markennamen mit mehr als den Produkten selbst und griffigen Marketing-Slogans zu befüllen, ist mehr als vielversprechend.
Kunden können via Spotify auf einer völlig neuen Ebene für das Unternehmen begeistert werden. Es wird Nähe durch Musik geschaffen. Der Autohersteller BMW beispielweise stellt eigene Playlists bereit, die seine BMW-Fahrer sowohl auf aufregenden Roadtrips als auch täglichen Alltagsfahrten begleiten. In der „Roadtrips with Friends by BMW“-Playlist verbreiten die Songs von Ed Sheeran, Hozier und den Mighty Oaks gute Laune. Die „Legends of Pop by BMW“ oder auch „Legends of Hip Hop“ sind mit den jeweiligen Titanen der Genres bestückt: Hip Hop-Urgesteine, wie House of Pain oder Wu-Tang Clan, bis hin zu den Pop-Sternchen Take That, Keane oder Sia –  alles was das Musik- und Fahrerherz höher schlagen lässt. Der Kunde befasst sich mit dem Produkt und der Marke nicht nur kurz vor, während und nach dem Kauf, sondern in seiner Freizeit. Das schafft eine vollkommen neue Form der Kundenbindung. Firmeneigene Playlists und Podcasts verleihen dem Unternehmen nicht nur Charakter, sondern schaffen auf subtile Art positive Vibes.
Red Bull ist ein absoluter Spitzenreiter unter den Corporate Profilen, betreibt gleich drei Profile auf Spotify und versammelt hier insgesamt über 15.000 Follower. Die Playlists leiten thematisch natürlich auf das Unternehmen; so bietet Red Bull entsprechend seines sportlichen Engagements den passenden Soundtrack zum Skaten, Skifahren und Trainieren. Zusätzlich stellen bekannte Sportler ihre persönlichen Lieblingsstücke in eigenen Playlists des Corporate Profils zusammen. Der Kunde erhält hier das Allround Package für die persönliche sportliche Leidenschaft. Große internationale Firmen wie Jägermeister und IKEA sind ebenfalls bei Spotify zu finden. Ihre Profile zählen hunderte Follower und bespaßen diese mit Künstlern wie Portugal. The Man, Imagine Dragons und Nirvana. Die Themen reichen von exzessiven Party-Playlists mit Mando Diao, AWOLNATION und The Offspring bis hin zum ruhigen Soundtrack der Entspannung á la alt-J, The National und Lola Marsh. Das schwedische Möbelhaus setzt hier natürlich auf andere Argumente als die Alkoholmarke Jägermeister. Beide Zielgruppen unterscheiden sich stark und nutzen daher auch verschiedene Soundtracks für ihre Freizeit. Während IKEA seinen Interior-Liebhabern mit entspannten Playlists à la „Abendmomente“, „Morgenmomente“ oder „Freundeabend“ eine Feel-Good-Stimmung  bereiten will, setzt Jägermeister mit Party-Hymnen, von Calvin Harris und Kendrick Lamar auf die ausgelassene Wochenendstimmung seiner Hörer. Musik kann vieles bewirken, doch es muss nicht immer chillige Caféhaus- oder fetzige Dance-Musik sein. Der Baumarkt Hornbach wartet gar mit Playlists zum Thema „Streichen“ oder „Hämmern“ auf. Den Soundtrack zum Hämmern liefern die Rocker von Depeche Mode, Sisters of Mercy und New Order. Im Kontrast dazu stehen die Herren Mozart, Chopin, Smetana und Beethoven, die den Hobby-Heimwerker mit klassischer Musik beim „Streichen“ begleiten dürfen.
Doch wie kann ein Unternehmen ein Corporate Profil auf Spotify erstellen? Der Musikanbieter stellt genaue Richtlinien für die Interaktion mit „Fans“ bzw. Kunden via Spotify auf. So empfiehlt es sich, mindestens 20 Titel in den jeweiligen Corporate Playlists zu sammeln, wobei jeder Künstler nur einmal vertreten sein darf. Der Trugschluss, dass der jeweils in der Playlist gelistete Künstler das Unternehmen hinter der Playlist auf welche Art auch immer unterstützt, soll auf diese Weise verhindert werden. Die Playlists an sich sollten außerdem keine Spur von Werbung für die jeweiligen Produkte des Unternehmens aufweisen, sondern rein redaktionell zusammengestellt sein. Ziel ist es schließlich, abseits der bekannten Werbebotschaften, einen Mehrwert für den Kunden zu schaffen.
Spotify bietet außerdem einen eigenen all-inclusive Service, welcher Playlists für Unternehmen generiert, analysiert und auswertet. Dieser Service nennt sich „Spotify for Brands“ und verspricht neben hohem Engagement und gekonnter Zielgruppenansprache auch das Streaming-Verhalten der Nutzer detailliert zu analysieren, um die Kunden im richtigen Augenblick zu erreichen. Markenziele sollen durch die Nutzung von „Spotify for Brands“ spielend leicht erfüllt werden. Messgrößen wie Assoziierung, Wahrnehmung oder Kaufabsicht veranschaulichen, wie die Markenbotschaft des Unternehmens bei der entsprechenden Zielgruppe angekommen ist. Springt ein Nutzer von Justin Timberlake zu den Rolling Stones oder hört fünfzig Mal nacheinander „Wrecking Ball“ von Miley Cyrus, dann verrät das viel über die Präferenzen und den Geschmack des Hörers. Jedes Suchen, Shuffeln, Überspringen und Swipen in der Spotify App charakterisiert die einzelnen Nutzer. Dieses Wissen will „Spotify for Brands“ mit den Unternehmen teilen und  gekonnt die entsprechenden Zielgruppen ansprechen.

Das Schöne an der Eigen- und der Fremdwahrnehmung ist,  dass man selbst ganz selbstverständlich der Ansicht ist, dass man gar keine andere Sichtweise haben könne als die Eigene. Dieses etwas philosophisch angehauchte Entrée bringt uns direkt zum Thema Social Media Know-how.  In dem von newsaktuell und Faktenkontor dankenswerterweise stetig aktualisierten Trendmonitor wurde diesmal das Thema „Social Media in Unternehmen, Redaktionen und PR-Agenturen“ untersucht. Ein Ergebnis, sie ahnen es: beim Thema Social Media Know-How gibt es eine deutliche Kluft zwischen Eigeneinschätzung und Fremdwahrnehmung. In Zahlen: 39 Prozent der Unternehmenskommunikatoren sagen, die eigenen Firmen seien „gut oder sehr gut“ für Social Media gerüstet.  75 Prozent der befragten PR-Agenturen aber sind der Meinung, dass Ihre Kunden (die Unternehmen) „mittelmäßig oder schlecht“ für den Umgang mit Social Media gerüstet sind.

Social Media Trendmonitor 2012

 
Jetzt gibt es mindestens zwei Möglichkeiten, dieses Ergebnis zu deuten:
1. Die Unternehmens-Kommunikatoren haben beim Thema Social Media die rosarote Brilla auf, die normalerweise die Agenturen tragen (insbesondere dann, wenn es gilt, die Umsatzentwicklung des kommenden Jahres einzuschätzen)
2. Die Agenturen stufen die Qualitäten Ihrer Kunden, selbst erfolgreich mit dem Thema Social Media umzugehen, herunter, weil sie noch jede Menge Beratungsdienstleistung verkaufen wollen.
Für alle Befürworter von Variante 2 möchten wir an dieser Stelle aus dem kontinuierlich erhobenen aktuellen „Interaktiv-Wirtschaftsklima“ der Kollegen von iBusiness zitieren
„Das Thema Social Media ist also ein echtes Hype-Thema. Denn ist die Differenzierung der Gesamtbranche positiver als die Einschätzung der eigenen Umsätze sprechen wir von einem Hype. Damit ist die Stimmung was das Social-Media-Geschäft betrifft, in den vergangenen Monaten dramatisch gekippt. Im Herbst 2011 lagen beide Indexwerte mit 1,79 (allgemein) und 1,80 (eigene Umsätze) nahe beieinander auf einem relativ hohen Niveau. Im Vergleich zu allen anderen Marktsegmenten wurden im Bereich Social Media sogar noch vor wenigen Monaten die höchsten Umsätze erwirtschaftet. Das heißt, binnen eines halben Jahres ist aus einem boomenden Markt ein Markt mit wenig Umsatz- und noch weniger Gewinnerwartung geworden.“

Wenn die Agenturen aber weniger Geld mit Social Media-Projekten für Unternehmen verdienen, könnte das auch bedeuten, dass Unternehmen sich schlau gemacht haben und mittlerweile auch ohne externe Unterstützung mit Facebook, Twitter & Co. klarkommen.
Man müßte fast schwarzsehen, wären da – als kleiner Hoffnungsschimmer für alle Social Media-Dienstleister – nicht die 56 Prozent Unternehmens-Kommunikatoren, die ihre Firmen selbst bisher nur mäßig  für Social Media gerüstet sehen. Also: Am besten einfach die richtige Brille aufsetzen und dann ab in die Sonne.
P.S: Wir bei cocodibu sind übrigens der Ansicht, dass ein externer Dienstleister beim Thema Social Media prima beraten, aufsetzen und schulen kann – gerade weil er die Erfahrung aus mehreren Projekten mitbringt. Mittel- und langfristig aber müssen die meisten Social Media-Projekte aus dem Unternehmen heraus gesteuert werden (Stichwort: Authentizität!) 
P.P.S: Was das Thema Journalisten und Social Media betrifft, hat sich Christian Jakubetz ein paar amüsante und lesenswerte Gedanken gemacht.