Wie sieht der Journalismus von morgen aus? Was müssen Journalisten heute schon können? Und wie werden sie sich künftig finanzieren? Es passiert gerade ziemlich viel in der Medienwelt und der Kurs ist noch nicht ganz ausgelotet. Neudeutsch heißt das: Der Journalismus durchläuft gerade eine disruptive Phase. Wie die verläuft, wissen wir auch nicht. Aber wer die Medien in Zukunft gestalten wird, das wissen wir schon jetzt. Deshalb stellen wir Euch/Ihnen in unserer Reihe „Junge Journalisten“ Redakteure, Reporter, Blogger und Publizisten unter 33 vor, die die Branche kennen und lesen sollte. Heute im Gespräch: Thuy Linh Nguyen, Redakteurin bei der W&V.
Seit wann steht für Dich der Berufswunsch Journalist fest? Was gab den Ausschlag?
Ich denke, als ich beim “Unikat”-Magazin anfing. Dort habe ich gleich als Vorstand an der neuen Ausgabe mitgearbeitet und saß gefühlt ein ganzes Semester dafür am Schreibtisch. Am Ende hat es sich aber wirklich gelohnt und ich habe mich gefreut wie ein Schnitzel. Da dachte ich mir, das könnte man ja wirklich zum Beruf machen.
Ist Dein Arbeitsalltag wie Du ihn Dir vorgestellt hattest, oder gab es im positiven wie negativen Sinne Überraschungen?
Zum Anfang meines Volontariats war ich sehr oft unterwegs. Mittlerweile hat es sich ziemlich reduziert und das vermisse ich. Dafür haben wir wirklich sehr humane Arbeitszeiten, vor allem ich als Lehrling.
Was war Dein skurrilstes Erlebnis bisher in Deiner Berufslaufbahn?
Wirklich lang bin ich ja noch keine Vollzeit-Journalistin. Aber da es fast unmöglich ist, meinen Nachnamen auf Anhieb richtig zu schreiben, habe ich bereits viele Stunden mit Buchstabieren zugebracht. Nordpol, Gustav, Ulrich, Y, Emil, Nordpol 🙂
Inwieweit nutzt Du das Social Web für Themen-Recherche und -Inspiration?
Eigentlich bin ich während meiner Arbeitszeit permanent im Social Web unterwegs. Ich folge auf Xing und Facebook vielen relevanten Seiten, die mir am Tag mindestens eine Artikelidee liefern.
Blogger werfen (bewusst) viele der althergebrachten Regeln über den Haufen. Sie schreiben viel subjektiver, kommentierender. Wie wird das den klassischen Fachjournalismus Deiner Meinung nach verändern?
Ich denke jedes Medium sollte selbst entscheiden, inwieweit es die Regeln einhält oder bricht. Man sollte aber eine klare Linie fahren. Mittlerweile haben ja auch genug Fachjournalisten selbst einen Blog, das will schon was heißen.
Ein Artikel über Dich: Welche Überschrift müsste der haben?
Würde sicher jeder bestätigen, der mich schon live erlebt hat: “Klein” 😀
Was ist Dein Trick, um ruhig Blut vor dem Redaktionsschluss zu bewahren?
Bei uns in der Online-Redaktion ist ja eigentlich alle paar Stunden Redaktionsschluss. Daran habe ich mich mittlerweile gewöhnt. Wenn ich aber mal eine größere Geschichte für das W&V-Magazin mache, dann versuche ich den Artikel einfach so früh wie möglich fertig zu bekommen. Da bleibe dann auch mal etwas länger. Ich arbeite nämlich am besten abends, wenn ich allein im Büro bin.
Wie schaltest Du vom Job ab, oder denkst Du rund um die Uhr an die Headline von morgen?
Während der Woche muss ich mich wirklich oft dazu zwingen, nach der Arbeit abzuschalten. Aber wozu gibt es ein Wochenende. Bei mir ist meistens ab Freitagabend bis zum Anfang der kommenden Woche Pause. Manchmal erwische ich mich aber trotzdem dabei, wie ich Sonntagabend schon mit der Themensuche für den nächsten Tag beginne…
Wenn wir hier mal den besten Fachartikel küren würden: Welchen Deiner Berichte würdest Du einreichen? Und warum?
Das ist echt nicht leicht. Ich schreibe jede Woche so viele Artikel, dass ich langsam selbst den Überblick verliere. Fürs Magazin habe ich mal ein Stück über Erklärvideos geschrieben. Es hat mich überrascht, wie simpel komplizierte Sachverhalte doch sein können.
Kein Mensch ist perfekt. Welchen Ratschlag wolltest Du Deinem Chefredakteur immer schon mal geben?
Im Gespräch sind wir beide immer ehrlich und direkt zueinander. Dafür bleibt es aber auch unter uns. 🙂
Was machst Du in fünf Jahren?
Hoffentlich bin ich dann eine gestandene Journalistin, die in ihren Artikeln eine klare Meinung vertritt. Momentan fällt mir das noch ziemlich schwer.
Nach ihrem Studium der Soziologie arbeitete Thuy Linh Nguyen in der Online-Redaktion von Regiondo. Es folgten Stationen als Pressereferentin bei UNICEF Deutschland und als Redakteurin bei Unikat Medien. Seit 2014 ist sie Volontärin bei W&V.