Dass Nutzerorientierung das A und O von Facebook ist, das liegt auf der Hand. Dass angemeldete Nutzer vor diesem Hintergrund analysiert werden, ebenso.
So interessiert nicht nur, bei welchen Bildern und Seiten der Nutzer den weltbekannten „Daumen hoch“ vergibt, sondern auch, welche News und Werbung den Nutzer anhand seines Surf- und Klickverhaltens interessieren könnten. All das und vieles mehr fragt der Social-Media-Riese und versucht sein Angebot sukzessive an die Verhaltensweisen und Bedürfnisse der Nutzer anzupassen. Reinen Altruismus kann man dem Unternehmen aber nicht unterstellen. So dient ein interessantes Angebot vielmehr der Attraktivität des Netzwerks, um größtmögliche Datenmengen sammeln und sie für Werbungtreibende nutzen zu können. Doch was sagen die Nutzer dazu?
Daniela Annaberger, Studentin der Hochschule Augsburg, hat die Social-Media-Nutzung ihrer Altersgruppe im Rahmen eines Seminars einmal genauer unter die Lupe genommen. Dafür hat sie 97 Mitstudenten befragt. Unter den Personen waren 53 Prozent Frauen und 47 Prozent Männer – das Altersmittel betrug 22 Jahre. Die Befragung zielte darauf ab, die Studenten nach ihren meist genutzten und weniger genutzten Social-Media-Kanälen zu befragen: Das Ergebnis ist ein ziemlich interessanter Trend, der Facebooks großen Aufwand in Sachen Nutzerorientierung und Nutzergewinnung in Frage stellen könnte.
Aber zuerst einmal eine gute – wenn auch wenig überraschende – Nachricht für Herrn Zuckerberg: Facebook ist mit 97,5% vor YouTube (82,7 Prozent) und Instagram (40,7 Prozent) das am meisten verbreitete Social Medium für die Twens. Weniger gut sieht es dann schon aus, wenn es darum geht, welcher Kanal vermehrt genutzt wird: Mit 34,6 Prozent bieten sich Instagram und Facebook ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Für den Marktführer sprechen die gute Verfügbarkeit über das Smartphone und die hohe Reichweite („alle haben es“). Sieht ja trotz des Aufkommens neuer Kanäle gar nicht so schlecht aus für Facebook, möchte man da meinen. Wäre da nicht die Frage nach der verminderten Nutzung gewesen: 48,1 Prozent der Studenten geben an, Facebook mittlerweile weniger zu nutzen, 22 Prozent haben YouTube durchgesurft (geht das?) und jeweils 4,8 Prozent finden Twitter, Xing und Instagram immer weniger reizvoll. Fragt man nach einer Begründung für den Fall des Riesen, so werden uninteressante Inhalte und zu viel Werbung angeführt.
Auch die cocodibu-Jury hat ihr Urteil gefällt: So nutzen wir alle Facebook, YouTube, Instagram und Xing (FYI – bei den Studenten sind es 18,5 Prozent). Müssten wir uns aber für einen Favoriten entscheiden, so geht bei vier von sechs Befragten die Stimme an YouTube, drei Personen zählen Instagram zu ihren Favoriten und Facebook erhält genau wie Snapchat zwei unserer Stimmen. Warum das so ist? Auch hier geben vier aus unserem Team den eintönigen und uninteressanten Facebook-Stream als Grund dafür an, warum Facebooks Alleinherrschaft zu bröckeln beginnt. Eine Kollegin ging sogar so weit zu sagen, Facebook nur noch als Veranstaltungskalender zu nutzen – oops.
Hat Facebook also an seinen Nutzern vorbeianalysiert? Meiner Meinung nach lautet die Antwort – wie sagten Fanta Vier so schön – jein! Nein, da ich seit Monaten bemerke, dass Facebook meine Inhalte filtert und nur noch News ausgewählter Freunde und Pages in meinem Newsfeed anzeigt. Ja, schon, da die bisherige Analyse-Methode insgesamt nicht wirklich zu Gunsten meiner Bedürfnisse ausfällt und es definitiv weiteren Analysebedarf gibt: Es werden News und Statusaktualisierungen meiner „Freunde“ angezeigt, von denen ich nicht einmal wusste, dass wir befreundet sind (eindeutig schuldig!). Verlobt sich eine gute Bekannte mit ihrem Partner, erfahre ich das eher durch Rauchzeichen als durch Facebook. Der Versuch, das Medium interessanter und ansprechender für die Nutzer zu gestalten, ist, was mich betrifft, eindeutig nach hinten losgegangen. Öffne ich Facebook, so erwartet mich inzwischen eine unüberschaubare Menge an kurzen und langen Videos, sei es von YouTube oder von Werbungtreibenden (bitte keine Eiweiß-Shakes mehr!). Ich sehe unzählige Nachrichten darüber, welcher Bekannte einen „Daumen hoch“ auf irgendeine Spaß-Seite setzt und bin dabei tatsächlich dankbar, dass die obszönen Likes einer meiner „Freunde“ nach ein paar Monaten nun nicht mehr meinen Feed dominieren.
Es bleibt offen, ob Facebook in Sachen Nutzerzufriedenheit noch die Kurve kriegt. Ich für meinen Teil habe unter diesen Bedingungen aber keine Lust, meine Datenspuren zu hinterlassen und schau lieber schöne Bilder auf Instagram.