Was steckt dahinter, wenn ausgewiesene Digitalos und PR-Experten auf einmal Printmagazine publizieren? Clutch, ein Projekt der Hamburger Agentur Frau Wenk, erschien im September 2016 zur dmexco und positionierte sich als Gesellschaftsmagazin für die digitale Welt. Natürlich ein Content Marketing-Tool, um bestehenden oder künftigen Kunden der Agentur gedruckten Raum zu verschaffen, aber auch mit übergreifenden und liebevoll in Szene gesetzten Nicht-Kunden-Themen. Michael Wegener, Leiter Content Center ARD aktuell, urteilte etwas hart über die Premierenausgabe: „Clutch ist nett zum Durchblättern, aber für die eher kritische Medienszene etwas zu glatt und zu allgemein.“ Chapeau Clutch, dass diese kritische Einschätzung auch genau so auf der Webseite steht. Ob es 2017 eine zweite Clutch-Ausgabe gibt, ist online leider nicht ersichtlich.
Seit Dezember 2016 gibt es nun auch NEW D, ein Magazin für digitalen Wandel, das in einer Auflage von 1.000 Exemplaren an einen handverlesenen Verteiler verschickt wird. Herausgegeben wird es von Christian Clawien, im Hauptberuf Director Digital Strategy bei fischerappelt in Hamburg. Ein Magazin inkl. Blog, das komplett auf Interviews setzt. In der Erstausgabe gibt es lesenswerte Gespräche beispielsweise mit NDR-Journalistin Anja Reschke („das Netz ist eine große Selbstbeschäftigungsmaschine“), Netz-Nerd Dennis Horn („Facebook ist eine Kommunikationsfirma, aber die kommunizieren nicht“), Lernforscher Lennart Schalk („Weder Google noch das Smartphone an sich machen uns dumm, sondern die Art und Weise, wie wir diese Angebote nutzen“) oder Brand-Eins-Mitgründer Wolf Lotter („Big Data und Arbeit 4.0 verkaufen alten Wein in neuen Schläuchen“). Wir haben Christian Clawien ein paar Fragen zu NEW-D gestellt:
Was ist NEW-D? Ein privates Projekt von Christian Clawien, ein Content Marketing-Projekt von fischerAppelt oder ganz etwas anderes?
Christian Clawien: Ersteres. Mir fehlten in der Debatte über die Digitalisierung die Stimmen von Menschen, die täglich davon betroffen sind. Lokale Akteure aus der Wirtschaft oder auch Wissenschaftler aus Bereichen, welche nicht direkt mit der Digitalisierung zu tun haben. Privatpersonen, die durch Digitalisierung neue Möglichkeiten entdeckt haben.
Du setzt auf Interviews bzw. Gespräche als zentrales Format. Warum? Und warum hast Du Dich für Print entschieden und als Digitaler nicht „nur“ eine Webseite gemacht?
Christian Clawien: Es gibt ja beides: http://new-d.de/ als Blog und als gedrucktes Magazin. Ich bin davon überzeugt, dass wir uns in der heutigen Zeit viel mehr aufeinander einlassen müssen, einander zuhören. Wenn ich jemanden interviewe ist das mehr ein Austausch, jemanden einfach erzählen lassen. Das finde ich spannend und es kommen Sachen dabei heraus, die man sonst nicht liest. Sie sind nachdenklicher und vielleicht auch reflektierter als das hysterische Filterblasen-Geschrei. Und zu lange Stücke liest man bei mir auch lieber gedruckt statt online, dass zeigt auch das Tracking.
Wie sieht Dein Geschäftsmodell hinter NEW-D aus? Im Printmagazin hast du einen Artikel als „Sponsored Content“ gekennzeichnet, online habe ich keine Banner o.ä. entdeckt.
Christian Clawien: Ich habe kein Geschäftsmodell. Ich mache das aus Spaß an der Sache und gucke wie es sich entwickelt. Das Blog bleibt ohne Werbung. Aufwand versus Ertrag lohnt sich nicht, da ich momentan noch eine Nische abdecke und in einem spitzen Influencer-Umfeld unterwegs bin. Im gedruckten Magazin verkaufe ich Anzeigen und Sponsored Content, damit ich Druck und Vertrieb finanzieren kann.
Dann erst mal viel Spaß. Wird es eine zweite gedruckte Ausgabe geben? Und welche drei Menschen würden Dich als nächste Gesprächspartner für Blog oder Magazin interessieren?
Christian Clawien: Ja, ich plane für Ende Juni Ausgabe Nummer 2. Ich habe schon etliche Namen auf der Liste, aber wer interessante Gesprächspartner vorschlagen möchte oder das nächste Heft unterstützen will, kann sich gerne bei mir melden: http://new-d.de/kontakt/ Als nächste Interviewpartner interessieren mich ein Taxifahrer, ein Betreiber eines Internetcafés und Giovanni di Lorenzo. Und natürlich freue ich mich über neue Leser auf Facebook, Twitter oder im Blog.
Dann wünschen wir Dir viel Erfolg und gutes Gelingen!