Die meisten Kommentare sind Mist! Ist zumindest mal ein Standpunkt. Und den braucht es, um einen Kommentar zu schreiben. Klingt auf den ersten Blick banal, ist in der Praxis aber verdammt schwer. Ein guter Kommentar ist wie ein Fisch, der gegen den Strom schwimmt, er ist die Antithese zum Mainstream, er polarisert und provoziert. Aber wer macht das schon gerne? Außer man heißt Thomas Koch. Viel lieber lullt man sich doch in die allgemeine Konsenskultur der Branche ein – getreu der Devise: Es ist schon alles gesagt, aber nicht von jedem.  „Content is king“, „Influencer Marketing wird immer wichtiger“, „Dialog auf Augenhöhe“, „Programmatic ist ein echter Gamechanger“ und, und, und. Wem angesichts dieser Buzzwords der Hut hochgeht und er erfolgreich vor digitaler Besoffenheit warnt, dem sind ein paar Schlagzeilen sicher. Die Antithese eben.
Und so ist ein guter Kommentar vor allem eines: ein ganzes Stück Arbeit. Abgedroschene Sprachbilder sind hier ebenso tabu wie die üblichen Branche-Floskeln. Vor allem aber: Man braucht echte Ahnung von dem Thema. Klingt einleuchtend, ist in der Praxis aber immer weniger machbar.  Weil wir uns ja alle angeblich permanent neu erfinden müssen und Kunden ja immer den neuesten heißen Scheiß hören wollen. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn wahrscheinlich wird es dieses Jahr plötzlich genügend Experten geben, die uns klar machen, warum 45minütige Podcasts gerade das Ding sind.
Sollten wir Sie bis hierhin nicht abgeschreckt haben, es mal mit einem Kommentar zu versuchen, es gibt ein paar Regeln:

  1. Die Überschrift

Die Überschrift bildet den Eyecatcher des Kommentars. Besonders bei Meinungsbeiträgen ist es wichtig, prägnant, möglichst mit einer feinen reißerischen Spitze, den Leser zum Weiterlesen zu animieren. Versagt sie in ihrer Funktion, geht der kommende Fließtext vor die Hunde. Sie müssen Interesse wecken, den Nutzen in den Vordergrund stellen und Dringlichkeit erzeugen.

  1. Die These

Die Aufgabe einer These ist es, eine Behauptung aufzustellen, die im Laufe des Textes belegt werden sollte. Faustergel: Wenn Sie sich erst auf die Suche nach einem Standpunkt machen müssen, lassen Sie’s lieber. Im Zweifelsfall googeln Sie sich dann auch noch Ihre Argumentation zusammen.

  1. Die Argumentation

In diesem Teil des Kommentars werden alle relevanten Informationen zum Thema dargelegt. Der grobe Umriss des Sachverhaltes dient dazu, die Leser abzuholen und den Sachverhalt subjektiv und zugleich analytisch darzustellen. Das Ziel ist es, die eigene Meinung darzustellen und dadurch den Leser zum Nachdenken anzuregen. Je mehr stichhaltige Argumente aufgezeigt werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Leser mit der Ansicht identifiziert oder zumindest über das Thema nachdenkt.

  1. Die Gegen-Argumente

Es gibt wohl keinen Sachverhalt, der nicht von mehreren Seiten beleuchtet werden kann. Erst durch das Abwägen des Für und Wider bekommt ein Kommentar die nötige Glaubwürdigkeit. Je besser es dabei gelingt die Gegenargumente zu entkräften, desto  stärker Ihr Kommentar.

  1. Schlussfolgerung mit Ausblick

Lassen Sie Ihre Leser nicht demoralisiert zurück. Nichts ist schlimmer als die Schlußfolgerung, dass die Welt schlecht und perspektivlos. Also ran: Wenn es eine konstruktive Lösung gibt, zaubern Sie die aus dem Hut.
Um das Content-Format „Kommentar“ zum Schluss noch einmal beispielhaft zu veranschaulichen, kommen hier vier Beispiele aus der Praxis:
„Influencer Marketing 2017: Warum wir Bibi und Sami den Laufpass geben sollten“ von TERRITORY webguerillas
„Weihnachts-Virals sind die neue Königsdisziplin“ von Neverest
„Warum Angela Merkel die dmexco besuchen sollte“ von Quantcast
„Seid Ihr noch zu retten, Online-Kreative“ von mediascale
Das war Teil 2 unserer Serie „Content-Formate in der B2B-Kommunikation„.  In Teil 1 haben wir uns der „Fallstudie“ gewidmet.

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„Haben die eigentlich nicht gelernt, sich zu benehmen?“, habe ich mich schon häufig gefragt, wenn ich durch meinen privaten Newsfeed bei Facebook gescrollt habe. Menschen, die andere Menschen noch nicht einmal kennen, hauen dort teilweise unfaire und persönlich beleidigende Kommentare raus – das hat mit konstruktiver Kritik überhaupt nichts mehr zu tun. Ich frage mich, warum Menschen im Netz so häufig ihr gutes Benehmen verlieren und unter die Gürtellinie gehen. Im privaten Umfeld ist das die eine Sache, im beruflichen die andere – und für mich auch die weitaus unangenehmere und ein absolutes No Go.
Ich möchte an dieser Stelle keinen Knigge für das Verhalten im Netz verfassen, aber es gab einen Anlass, bei dem ich fand, dass das Verhalten einiger Facebook-User unterirdisch war. Ein Kunde wurde aufgrund eines Beitrags, den W&V auf Facebook veröffentlichte,  recht persönlich angegangen. Kurz zusammengefasst: Es ging um die Online-Marketing-Rockstars-Konferenz. Besagter Kunde schrieb einen Gastbeitrag dazu, warum die Bezeichnung Rockstar in der Digitalbranche eine gewisse Überhöhung der eigenen Tätigkeit suggeriert, die nicht notwendig ist. UNERHÖRT, wie kann denn jemand auf die Idee kommen, einfach so ungefragt Kritik an dem Event schlechthin zu üben? „Das geht gar nicht!“ dachten sich einige Facebook-User und machten ihrem Ärger unter dem Beitrag Luft. Was auffällig war: Die Kritik hatte mit dem Inhalt des Beitrags, abgesehen von einem einzigen Kommentar, rein gar nichts zu tun. Gestartet wurden hingegen persönliche Angriffe auf das Äußere des Kunden oder auf sein Unternehmen. Von Respekt überhaupt keine Spur. Scheinbar fühlten sich diese Facebook-User persönlich angegriffen. Das gibt aber, aus meiner Sicht, noch lange keinem das Recht, andere Menschen persönlich zu diffamieren. Was mich noch mehr verwundert hat, war, dass diese Leute sich keineswegs anonym geäußert haben, sondern  mit ihren privaten Profilen dort kommentierten. Wohlgemerkt nicht auf privater Ebene, sondern auf einem Facebook-Profil, das viel mehr im beruflichen Alltag genutzt wird. Nachdem ich gemeinsam mit meinem Kunden eine Antwort verfasst hatte, in der wir noch einmal respektvoll darauf hinwiesen, was die eigentliche Aussage des Textes sein sollte,  waren die Anfeindungen schnell vorbei.  Die Lust an einer inhaltlichen Auseinandersetzung war augenscheinlich nicht gegeben. Oder war allein die Tatsache, dass der Angegriffene in die Diskussion eingriff, der Grund dafür, dass diese augenblicklich verebbte? Das wäre mehr als schwach!

Was ist online anders?

Debatten entgleisen im Internet viel schneller als Face-to-Face. Im besagten Fall kann ich mir kaum vorstellen, dass einer derjenigen, die kommentiert haben, meinem Kunden ihre Meinung so deutlich  ins Gesicht gesagt hätte. Derartige Anfeindungen hätte ich auch eher im Kindergarten verortet, aber nicht unter Erwachsenen. Ich habe mich gefragt, warum Menschen so unfair reagieren: Neid, Unzufriedenheit, zu viel Zeit? Es geht wohl wieder mal um das Phänomen der „Unsichtbarkeit“. Ein Begriff aus der Fachsprache. Bedeutet nicht, dass sich Facebook-Nutzer anonym äußern, sondern vielmehr, dass etwas Entscheidendes fehlt: Der Augenkontakt, die Mimik, die Gestik, die Stimme des Gesprächspartners – einfach das gesamte physische Gegenüber.  Diese sogenannte „Unsichtbarkeit“ enthemmt uns, und die ein oder andere unangebrachte Bemerkung rutscht uns leichter über die Lippen oder besser gesagt: über die Tastatur.

Ein Schlag ins Gesicht

Kritisiert wird niemand gern. Erst recht nicht, wenn es keine konstruktive Kritik ist. Beleidigungen und Beschimpfungen gehen weder im Netz, noch persönlich. Besonders dann nicht, wenn es im beruflichen Umfeld ist. Dass mein Kunde mit einem Beitrag, der Leute zur Selbstreflexion zwingt, Gegenwind bekommen würde, war von Anfang an klar. Aber nicht auf diese Art und Weise. Für Betroffene ist das verletzend. Darüber hinaus entsteht schnell eine Gruppendynamik. Mobbt einer, springen andere auf den Zug auf und mobben mit.

#nohate

Also Leute, wo würden wir hinkommen, wenn wir alle einer Meinung wären? Das wäre ja sterbenslangweilig! Ich lese mir auch gerne Kritik durch, wenn ich etwas damit anfangen kann und sie nachvollziehbar ist. Wüste Beschimpfungen und persönliche Beleidigungen finde ich einfach nur lächerlich und zeugen für mich von einem schwachen Charakter. Manchmal hilft es auch sich in die Lage des anderen hineinzuversetzen und nachzudenken, bevor man tippt – das hilft sowieso immer ganz gut.