Das Projekt Elbe-Blogger auf dem Netzblog der Deutschen Telekom. Im Bild: Telekom-Funknetzplaner Bernd Pfrepper (li.) und der offizielle Elbe-Blogger Tobias Schwarz (re.). Quelle Screenshot
Das Projekt Elbe-Blogger auf dem Netzblog der Deutschen Telekom. Im Bild: Telekom-Funknetzplaner Bernd Pfrepper (li.) und der offizielle Elbe-Blogger Tobias Schwarz (re.). Quelle Screenshot

 
Blogger- oder Influencer Relations-Projekte zu starten, ist für viele Unternehmen noch häufig ein Wagnis. Gerade für Unternehmen, die es gewohnt sind, eher als Broadcaster mit Medien und Öffentlichkeit zu kommunizieren. Was für Maßstäbe soll man für einen Erfolg des Projekts ansetzen? Welche KPIS formulieren? Wie funktioniert das Zusammenspiel zwischen Unternehmen und Blogger? Dazu gibt es viele Checklisten (Mein persönliches Lieblings-Shittie ist: Produzieren Sie relevanten Content!), auch eine von uns, aber nur ganz selten konkrete Zahlen zu den Projekten. Jetzt hat mit Brandwatch ein am Projekt nicht beteiligter Dienstleister die Social Media-Kennzahlen der ElbeBlogger-Aktion der Telekom ausgewertet. Und die Redaktion der LEAD-Digital zur Headline „Kümmerliche Karriere der Elbe-Blogger“ inspiriert. Interessant finde ich persönlich die Kommentare unter dem Beitrag, die mich auch zu diesem Blogbeitrag animiert haben.
Sind die Zahlen wirklich so schlecht? Oder sind sie gar die falschen? Und was kann man aus diesen Zahlen für andere Projekte lernen? Ich habe mich zum Thema mal mit Karsten Lohmeyer, dem Editorial Director The Digitale und Verantwortlichen für das Projekt auf Dienstleisterseite, per Mail-Ping-Pong ausgetauscht:
Karsten, Du bist nebenberuflich Journalist (bei lousypennies), hauptberuflich jetzt Corporate Publizist (bei der Telekom-Tochter The Digitale). Gerade haben Dich die Kollegen von LEAD Digital, für die Du ja auch mal geschrieben hast, verbal ziemlich abgewatscht. Euer Projekt „ElbeBlogger“ für die Telekom wurde als „kümmerlich“ und „verhungert“ bezeichnet. Sauer? Verärgert? Oder dumm gelaufen?

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Karsten Lohmeyer: Ich bin da ganz entspannt und respektiere natürlich die Meinung der Kollegen. Auch mit negativem Feedback muss man leben, wenn man im Kommunikationsbusiness tätig ist. Allerdings bin ich gänzlich anderer Meinung: die ElbeBlogger-Aktion war ein großer Erfolg. Und zwar sowohl bei den harten Zahlen als auch bei den weichen Faktoren. Das zeigt meiner Meinung nach sogar der von Dir zitierte Artikel, bei dem ich eine sehr große Schere zwischen der „kümmerlichen“ Überschrift und den später dargelegten Fakten sehe.
Lass uns gleich über die Zahlen sprechen: Habt Ihr im Vorfeld mit dem Kunden Zahlen oder Werte definiert, ab wann der ElbeBlogger ein Erfolg ist?

Karsten Lohmeyer: Da das Ganze von Anfang an ein Kommunikations-Experiment war, bei dem wir auch neue Tools wie zum Beispiel Periscope ausprobieren wollten, haben wir und unserer Kunde Telekom uns ganz bewusst keine konkreten Reichweiten-Ziele gesetzt. Für uns bei The Digitale als sehr reichweiten- und zahlenorientiertes Unternehmen war das außergewöhnlich, aber in diesem Fall genau die richtige Vorgehensweise. Vor allem, weil wir viele „weiche Ziele“ hatten.
Natürlich haben wir während der Aktion sehr genau auf die Zahlen geschaut. Die täglichen Zugriffszahlen der ElbeBlogger-Artikel im Netz-Blog der Deutschen Telekom waren sehr, sehr zufriedenstellend (Laut Similarweb.com hatte das Netz-Blog im Juni 2015 etwa 40.000 Visits). Ebenso die Twitter-Impressions. Man muss auch wissen, dass das von uns als Dienstleister betreute Netz-Blog erst im Frühjahr 2015 gestartet ist und durch die ElbeBlogger-Aktion und der damit verbundenen „Google-Signale“ (Links, Social Signals, Mentions, Keyword-relevante Inhalte …) enorm an Sichtbarkeit gewonnen hat. Und auch an allgemeiner Bekanntheit insbesondere bei der für die Kommunikationsabteilung der Telekom wichtigen Zielgruppe der Journalisten. Oder hattest Du vorher schon von diesem Blog gehört?
Nein, hatte ich nicht. Aber Du weisst auch, dass man uns Dienstleistern gerne unterstellt, dass wir immer dann mit weichen Faktoren argumentieren, wenn sich die KPIs nicht so positiv entwickelt haben wie gewünscht. Was ist Deine Erfahrung: Gibt es schon Benchmarks oder KPIs für Blogger Relations-Projekte, an denen man sich als Unternehmen orientieren kann? Und damit auch beurteilen kann, ob eine Aktion ein Erfolg ist oder nicht.
Karsten Lohmeyer: Im Endeffekt beurteilt immer der Kunde den Erfolg einer Aktion. Und in dem Fall der ElbeBlogger ist er, nach allem was ich weiß, sehr zufrieden. Eben weil sowohl weiche als auch harte Faktoren gepasst haben. Wenn ich generelle KPIs definieren müsste, dann selbstverständlich Reichweite auf der eigenen Plattform und den sozialen Medien – und idealerweise eine wie auch immer geartetete Conversion und Zielgruppenbindung.
Ich würde jedem Kunden raten, vor jeder Aktion dieser Art möglichst exakte KPIs zu definieren, die aber zur Aktion passen müssen und durchaus auch „on the fly“ angepasst werden dürfen. Benchmarks zu definieren ist dabei sehr schwer, da sehr viel schon allein vom Thema abhängt. Mit dem Thema „Breitbandversorgung“ erreicht man nunmal weniger Menschen als mit Schminktipps.
Klar, aber das ist doch eine der ersten Fragen der Kunden an uns: Was kann ich mit der vorgeschlagenen Aktion erreichen? Mit harten Themen natürlich eher weniger als mit populären. Mit B2C mehr als mit B2B. Jetzt hat Euch Markus Jodl, der verantwortliche Pressesprecher der Telekom, in einem Kommentar zum Artikel öffentlich den Rücken gestärkt (und natürlich damit auch sich selbst). Er hat u.a. von einem „Experiment der PR-Abteilung“ gesprochen. Sind Blogger-Relations-Projekte nicht für die allermeisten Unternehmen im jetzigen Stadium erst mal ein Experiment?
Lohmeyer: Jede neue Kommunikationsform ist zuallererst einmal ein Experiment. Tatsächlich glaube ich, dass wir gerade in der Zeit der Experimente leben, insbesondere im Medienbereich, wo wir alle gerade die ausgetretenen Pfade verlassen. Unserer Erfahrung nach gibt es in vielen Kommunikationsabteilungen noch große Fragezeichen beim Thema „Blogger- und Influencer-Relations„. Zumindest für den Verantwortungsbereich von Markus Jodl (die Netzkommunikation) war der ElbeBlogger die erste Zusammenarbeit dieser Art mit einem Blogger. Also war es ein großartiges Experiment. Und zwar mit sehr vielen positiven Learnings.
Was hättet Ihr im Nachhinein anders gemacht? Was sind Eure konkreten „Learnings“?
Lohmeyer: Aktuell findet bei uns eine sehr genaue Analyse und Bewertung statt. Die Ergebnisse werden wir nach der Urlaubszeit mit unserem Kunden besprechen – und bei entsprechender Freigabe und Absprache dann auch öffentlich kommunizieren. Trotzdem verrate ich Dir ein paar persönliche Learnings.
Zuerst einmal, was wir noch verbessern können: Wie Markus Jodl in dem von Dir angesprochenen Kommentar schon sagte, sind unsere ElbeBlogger in den 14 Tagen Aktionszeitraum bis an die Grenzen ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit gegangen. Also würden wir beim nächsten Mal entweder das Programm entschlacken oder ein größeres Blogger-Team engagieren. Wir würden auch versuchen, die Interaktion mit der „Community“, die wir während der Ausschreibungsphase gebildet haben, stärker während der eigentlich Aktion aufrecht erhalten und dadurch mehr „Social Signals“ und „Engagement“ zu generieren.
Das schönste Learning für mich: Wir haben gezeigt, dass wir mit einer solchen Aktion deutlich mehr Aufmerksamkeit und Reichweite erzeugen konnten, als wir es mit einem vergleichbaren Budget auf klassisch-journalistische Art geschafft hätten. Hätten wir einfach einen journalistischen Autoren beauftragt, anstatt das Blog-Projekt öffentlich auszuschreiben, wären diese Zahlen viel, viel schwerer zu erreichen gewesen.
Vor allem aber haben wir eines gelernt: Die professionelle Zusammenarbeit von Unternehmen und Bloggern funktioniert. Sie macht beiden Seiten Spaß und bringt echte, messbare Ergebnisse. Unser Kunde und wir haben dabei viel Lust auf weitere Aktionen bekommen.