Es sollte eine riesen Sause werden. Von Flashmobs war die Rede, Konteraktionen, Ausnahmezustand oder – naja – mindestens ein handfestes Verkehrschaos vor dem P1 sollte es geben, dort wo gestern Horst Seehofers Facebook-Party stattfand.
Auf dem Social Network hatte Bayerns Ministerpräsident Ende April zur großen Kennenlernparty aufgerufen. CSU 2.0 quasi. „Ich freue mich sehr darüber, dass wir auf meiner Facebook-Seite direkt miteinander in Kontakt sind und meine Fangemeinde jeden Tag wächst. Jetzt möchte ich möglichst viele von Euch persönlich kennenlernen“, schrieb er auf seiner Seite. 970 Freunden gefiel das. Innerhalb nur weniger Tage hatten sich über 2.500 Facebooker auf der Eventliste eingetragen. Die Freundesliste von „Horsti“ – wie ihn die Netzgemeinde nennt – ist innerhalb von zwei Wochen von 5400 auf über 12.000 Liker angeschwollen. Nicht schlecht, für jemanden der gerade die ersten Schritte im Netz tut – die „technische“ Umsetzung der Postings erledigt noch sein Team.
Die Party-Einladung ging wie ein Lauffeuer durchs Netz. Breiteste klassische Berichterstattung folgte – selbst MTV hat sich zu einem Beitrag hinreißen lassen. Die Ernüchterung kam dann gestern um 20 Uhr:
Gähnende Leere vor den Türen. War es etwa doch ein PR-Gag? Gibt es keine Party? Gefühlte 200 Journalisten standen umher und suchten händeringend nach Zitatgebern – es musste sich also um den Presseeingang handeln. Leider falsch, und von tobenden Massen und Tessa-artigen Zuständen war der Event weit entfernt. Spaß hatten wir trotzdem.
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Der Einlass ging entsprechend schnell von statten. Die Gästeliste war nach Vornamen sortiert, was viele sympathisch fanden. Überhaupt wurde an alles gedacht, von Facebook-Party-Bierdeckel mir QR-Code und Mitgliedsantrag auf einem Bierdeckel bis zur Logo-Wand und eigenem Hashtag (#hsparty).
CSU-Bierdeckel
Jeder bekam ein Freigetränk seiner Wahl, und die kleinere Meute an Gästen machte es sich zwischen Presseleuten, CSUlern und Piraten auf der Terrasse gemütlich. Gegen 22 Uhr kam Horst Seehofer von der Staatskanzlei gegenüber ins – mittlerweile gut gefüllte – P1, um seine Fans zu begrüßen.
Auch mir hat der Ministerpräsident freundlich die Hand geschüttelt und mich persönlich gleich als Zugewanderte enttarnt: „Grüß Sie“ – stammelte ich auf die Schnelle im Pseudo-Bayrisch. „Wo kommen Sie denn her?!“ brummte er zurück.
Und die hoch geschürten Erwartungen der Medien? Um es mit Shakespeare zu sagen: Viel Lärm um Nichts.

Von allen möglichen Politikern hätte man es erwartet, nur von einem nicht: Horst Seehofer, CSU-Politiker und bayerischer Ministerpräsident, schmeißt am morgigen Abend eine Party für seine Facebook-Fans im P1. Das polarisiert. Wie, kann man in den Kommentaren auf Seehofers Facebook-Profil nachlesen.
Nachdem sich über 2500 Fans angemeldet hatten, wurde die Gästeliste geschlossen. Und egal, wie viele Neugierige dann wirklich vor dem Türsteher des P1 warten, die Aktion ist jetzt schon ein gelungener PR-Schachzug, um auf die Social Web-Aktivitäten der CSU hinzuweisen. Alle Leitmedien haben berichtet, und morgen Abend werden Dutzende Medienvertreter auf Eklats, Aktionen und witzige Gegendemos hoffen. Für uns ist die Aktion Anlass, mal einen Blick auf die Facebook-Präsenzen der beiden Spitzenkandidaten (Ude und Seehofer) sowie der bayerischen Parteien zu werfen.
Analyse-FB Auftritt-bayerische Parteien Mai 2012 
 
Noch sind die Landtagswahlen über ein Jahr entfernt, aber wir wollten wissen, wie die Parteien in Bayern ihre Facebook-Accounts nutzen. Das überraschende quantitative Fazit: Die CSU (Landesleitung) liegt weit vorne, Freie Wähler und Grüne nah beinander, FDP vor SPD sowie Piraten und Linke abgeschlagen.Selbst wenn man Parteien nach ihren zuletzt in Bayern erreichten Prozentzahlen gewichtet, überrascht das Missverhältnis untereinander. Auch bei den Spitzenkandidaten muss der SPD-Herausforderer Christian Ude noch erheblich Boden gut machen. Seehofer verfügt aktuell über etwa drei Mal soviel Fans. Die Party-Einladung verschaffte ihm innerhalb von etwa zehn Tagen über 3600 zusätzliche virtuelle Anhänger (von etwa 5.800 auf über 9.400).
Und wie sieht es qualitativ aus? Ude und Seehofer nutzen die Timeline als digitalen Tätigkeitsnachweis: Wer war wo, hat mit wem gesprochen und macht was. Wer wirklichen Dialog via Facebook erwartet, wird enttäuscht. Die Interaktionsquoten (Likes, Kommentare etc.) sind bescheiden, die Beiträge oft auch. In der Regel dominiert der kommentierte Monolog. Politker/Partei postet etwas, die User kommentieren, das war’s. Wenn, dann liefern sich die User untereinander Wortduelle, die Parteien und Politker enthalten sich in den allermeisten Fällen. Bei der Qualität vieler User-Kommentare fällt es allerdings auch dem Außenstehenden schwer, halbwegs vernünftige Antwort zu geben. Facebook dient derzeit eher als Projektionsfläche für Anhänger und Gegner, denn als Forum für einen sachorientieren politischen Dialog. Das mag auch darin liegen, dass der geneigte User kein wirkliches Gefühl dafür hat, ob er mit den Menschen Ude und Seehofer korrespondiert oder mit den jeweiligen Pressestäben.
Und hier die Links zu den Facebook-Pages:
Horst Seehofer
Christian Ude
Bündnis 90/Die Grünen Bayern
CSU Landesleitung
CSU Landtagsfraktion
FDP Bayern
Die Linke Bayern
Landtagsfraktion Bayern SPD
Piratenpartei Bayern