Das Verhältnis zwischen PRlern und Journalisten wird oft als angespannt beschrieben, geprägt durch eine wechselseitige Abneigung. Dass das nicht sein muss, hat Off-the-record-Blogger und Horizont-Redakteur Olaf Kolbrück diese Woche bewiesen. Heute erreichte uns PRler nämlich eine Paketsendung mit drei fränkischen Bocksbeuteln vom Feinsten (siehe Bild).

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Frei nach dem Motto "Tweetschulden sind Ehrenschulden" hat Olfa Kolbrück damit eine verlorene Wette beglichen. Es ging um die Frage, wie hoch der Prozentsatz der "Guttenberg-Liker" auf Facebook sein würde, der im realen Leben für den mittlerweile Ex-Verteidigungsminister auf die Straße gehen würde. 

Ich war skeptisch (atypisch für einen PRler) und tippte auf unter ein Prozent. Kollege Kolbrück befürchtete, dass es wesentlich mehr Menschen sein würden, so zwischen zwei und drei Prozent (atypisch für einen Journalisten). Das Ergebnis (gerade mal 0,3 Prozent) bescherte uns cocos jetzt Flüssiges aus der etwas weiteren Umgebung von KTG. Dafür ein ganz herzliches Prost in die Heimat des Äppelwoi.Und für alle, die Off-The-Record noch immer nicht auf Facebook folgen, jetzt aber dallidalli!

(Christian Faltin)

 

Vor einigen Tagen habe ich an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Mitgliederzahl der Pro und Contra-Guttenberg-Fanseiten auf Facebook auf ausführlichstes Medieninteresse gestoßen ist. Umso interessanter war die Frage: Wie hoch ist die Conversion Rate in die reale Welt? Oder anders formuliert: Wie viele von den Menschen, die sich mit nur einem Klick zu den Guttenberg-Unterstützern zählen, gehen für ihr Idol auch wirklich auf die Straße?

Fachleute wie der Off-the-Record-Blogger Olaf Kolbrück tippten auf eine Conversion Rate von zwei bis drei Prozent.Ich persönlich war eher skeptischer. Nach weitgehend übereinstimmenden Medienberichten haben am Wochenende in Summe vielleicht gut 3000 Menschen für (und einige auch gegen) KTG demonstriert, davon gut 2000 in seiner Heimatgemeinde. Bei rund einer Million Fürsprecher (585.000, die zu Guttenberg zurück wollen, und 412.000, die "die Jagd auf ihn" ablehnen) eine eher bescheidene Quote von 0,3 Prozent.

Was könnten die Ursachen sein?

a) Es war Samstag und Fasching
b) Guttenbergs Fanklientel fehlt die Demoerfahrung
c) Gefällt mir-Klickstatements bei Facebook werden grundsätzlich überschätzt
d) Der Freiherr ist eher ein Medienthema, das in der Realität wenig Menschen bewegt
e) Flashmobs sind für Adlige nicht standesgemäß

"Die Liebe stößt auf Grenzen" vermeldet denn auch das Handelsblatt. Dem ist an dieser Stelle nichts mehr hinzuzufügen.

(Christian Faltin)

Wer die Stimmung der Bürger ermitteln will, gibt normalerweise Politbarometer oder sonstige repräsentative Bevölkerungsumfragen in Auftrag. Diese wandern dann durch alle Medien und werden von schlauen Kommentatoren analysiert und auf ihre Konsequenzen hin durchleuchtet. Durch die Causa Guttenberg entdecken die Medien derzeit ein neues Stimmungsbarometer und Voting-Tool: Facebook.

Kaum ein Artikel, keine Diskussionsrunde über den Zurückgetretenen ohne den Hinweis auf die jeweiligen Fanzahlen von Gegnern und Befürwortern. Da wird sogar der Gründer der Gruppe "Gegen die Jagd auf Karl Theodor zu Guttenberg" (393.000 Fans) ein Medienthema und ins ZDF zu Markus Lanz eingeladen. Und die Fanpage, die zu Guttenberg zurückhaben will, findet fast eine halbe Million Unterstützer (alle Zahlen von heute 9 Uhr). 

Facebook KT

Während das Pro-Lager seine Kräfte in zwei Fanpages bündelt, ist die Kontra-Seite eher in mehrere kleine Pages zersplittert. 10.860 finden "Guttenberg muss gehen", "Für die Jagd auf Karl-Theodor" sind 9300 und "Wir wollen Guttenberg nicht zurück" sagen 26.000 Facebooker. Bei der Fanpage der Studenten und Akademiker gegen KT haben sich 6.200 Personen versammelt.

Während also auf Facebook die Stimmung scheinbar Pro Guttenberg ist, zeigt eine Übersicht von Spiegel Online, dass die Online-Umfragen vieler meinungsbildender Medien zu einem ganz anderen Ergebnis kommen. So kann jeder Publizist das ihm passende Ergebnis zitieren.

Warum ist Facebook als Stimmungsbarometer so gefragt bei deutschen Medien? Per Klick ein Statement abzugeben ist schnell, einfach und unkompliziert. Die Kommentare auf Facebook sind die modernen Leserbriefe. Journalisten können O-Töne sammeln, ohne sich von ihrem Bürosessel erheben zu müssen. Und: Anders als Infratest, GfK oder Forschungsgruppe Wahlen kostet Facebook die Medien nichts.  

Das Netz hat Guttenberg maßgeblich mit zu Fall gebracht. Wird Facebook jetzt zum Sprungbrett oder ist es lediglich eine flüchtige Meinungsbekundung? Wieviel ein Gefällt mir-Klick in der realen Welt wirklich wert ist, zeigt sich am Samstag, wo Initiatoren Demonstrationen Pro Guttenberg angekündigt haben.    

Christian Faltin

P.S.: Netter Wortwitz gestern zum Thema bei quer im Bayerischen Fernsehen: "Man kann auch als nicht Habilitierter rehabilitiert werden." 

P.S. 2: Die Kollegen von meedia haben noch viel mehr amüsante Beispiele dafür gefunden, wer noch alles wen zurück will.