Redaktionen sind immer knapper besetzt. Dadurch wird es immer schwieriger, in investigativer Absicht den eigenen Screen zu verlassen. Der Alltag der meisten Journalisten besteht aus Einladungs-Terminen und Telefonrecherche. Ins verlagseigene Archiv zieht es nur noch selten jemanden. Und der Einstieg in die Recherche, wir haben sie in Anlehnung mal Journalist Journey genannt, findet im Regelfall über das Netz statt.
Der aktuelle Social Media Trendmonitor von newaktuell und Faktenkontor belegt (bei einer absolut ausreichenden Fallzahl, n=452), was viele PRler und Unternehmenskommunikatoren bereits im Alltag spüren: Mediale Recherche startet auf der Unternehmens-Webseite oder noch einfacher bei Google. Und vor dem Anruf beim Pressesprecher oder der Quelle seines Vertrauens klickt sich der Journalist dann nochmal kurz bei Wikipedia rein. Erst dann kommt der Agenturticker und das hauseigene Archiv.
Erstaunlich freilich, dass nur jeder achte Medienvertreter auch die Social Media-Präsenzen der Unternehmen als Quelle nutzt. Da hätte ich persönlich einen höheren Wert erwartet. Die Zurückhaltung an dieser Stelle korreliert noch mit einem anderen Ergebnis aus der Erhebung: Die deutliche Mehrheit der Medienschaffenden (59 Prozent) nutzt Twitter nicht als Quelle und 55 Prozent finden, dass Twitter „nicht zitierfähig“ ist. Irgendwie sagt mein persönliches Gefühl, dass dieser Wert in TV-Nachrichten und Newsportalen ganz anders aussieht.
Immerhin ist die Skepsis der Medienvertreter gegenüber dem Neuen zurückgegangen: 46 Prozent der befragten Journalisten sagten, dass ihre Arbeit durch Social Media „erfolgreicher“ geworden ist. 22 Prozent waren gegenteiliger Meinung. Für 74 Prozent der Journalisten haben sich die Erwartungen der eigenen Redaktion an Social Media erfüllt, allerdings zum Großteil nur teilweise (64 Prozentpunkte). Warum? „Viel Aufwand, zu wenig Ertrag“ so lautet die zentrale Kritik der Medienvertreter.
Bei den sozialen Netzwerken hat sich die Einschätzung der Journalisten kaum gewandelt: Facebook, YouTube und Twitter dominieren, Xing ist noch doppelt so „wichtig“ wie LinkedIn und Google+ wird durchaus skeptisch gesehen.
.Für Unternehmen bedeuten diese Ergebnisse: Das Web steht in der Recherchekette bei vielen Medien ganz am Anfang. Wer dort einen überzeugenden Eindruck hinterlässt – und zwar auf mehrere Kanälen -, punktet im Vorfeld.
Schlagwort: Faktenkontor
Das Schöne an der Eigen- und der Fremdwahrnehmung ist, dass man selbst ganz selbstverständlich der Ansicht ist, dass man gar keine andere Sichtweise haben könne als die Eigene. Dieses etwas philosophisch angehauchte Entrée bringt uns direkt zum Thema Social Media Know-how. In dem von newsaktuell und Faktenkontor dankenswerterweise stetig aktualisierten Trendmonitor wurde diesmal das Thema „Social Media in Unternehmen, Redaktionen und PR-Agenturen“ untersucht. Ein Ergebnis, sie ahnen es: beim Thema Social Media Know-How gibt es eine deutliche Kluft zwischen Eigeneinschätzung und Fremdwahrnehmung. In Zahlen: 39 Prozent der Unternehmenskommunikatoren sagen, die eigenen Firmen seien „gut oder sehr gut“ für Social Media gerüstet. 75 Prozent der befragten PR-Agenturen aber sind der Meinung, dass Ihre Kunden (die Unternehmen) „mittelmäßig oder schlecht“ für den Umgang mit Social Media gerüstet sind.
Jetzt gibt es mindestens zwei Möglichkeiten, dieses Ergebnis zu deuten:
1. Die Unternehmens-Kommunikatoren haben beim Thema Social Media die rosarote Brilla auf, die normalerweise die Agenturen tragen (insbesondere dann, wenn es gilt, die Umsatzentwicklung des kommenden Jahres einzuschätzen)
2. Die Agenturen stufen die Qualitäten Ihrer Kunden, selbst erfolgreich mit dem Thema Social Media umzugehen, herunter, weil sie noch jede Menge Beratungsdienstleistung verkaufen wollen.
Für alle Befürworter von Variante 2 möchten wir an dieser Stelle aus dem kontinuierlich erhobenen aktuellen „Interaktiv-Wirtschaftsklima“ der Kollegen von iBusiness zitieren
„Das Thema Social Media ist also ein echtes Hype-Thema. Denn ist die Differenzierung der Gesamtbranche positiver als die Einschätzung der eigenen Umsätze sprechen wir von einem Hype. Damit ist die Stimmung was das Social-Media-Geschäft betrifft, in den vergangenen Monaten dramatisch gekippt. Im Herbst 2011 lagen beide Indexwerte mit 1,79 (allgemein) und 1,80 (eigene Umsätze) nahe beieinander auf einem relativ hohen Niveau. Im Vergleich zu allen anderen Marktsegmenten wurden im Bereich Social Media sogar noch vor wenigen Monaten die höchsten Umsätze erwirtschaftet. Das heißt, binnen eines halben Jahres ist aus einem boomenden Markt ein Markt mit wenig Umsatz- und noch weniger Gewinnerwartung geworden.“
Wenn die Agenturen aber weniger Geld mit Social Media-Projekten für Unternehmen verdienen, könnte das auch bedeuten, dass Unternehmen sich schlau gemacht haben und mittlerweile auch ohne externe Unterstützung mit Facebook, Twitter & Co. klarkommen.
Man müßte fast schwarzsehen, wären da – als kleiner Hoffnungsschimmer für alle Social Media-Dienstleister – nicht die 56 Prozent Unternehmens-Kommunikatoren, die ihre Firmen selbst bisher nur mäßig für Social Media gerüstet sehen. Also: Am besten einfach die richtige Brille aufsetzen und dann ab in die Sonne.
P.S: Wir bei cocodibu sind übrigens der Ansicht, dass ein externer Dienstleister beim Thema Social Media prima beraten, aufsetzen und schulen kann – gerade weil er die Erfahrung aus mehreren Projekten mitbringt. Mittel- und langfristig aber müssen die meisten Social Media-Projekte aus dem Unternehmen heraus gesteuert werden (Stichwort: Authentizität!)
P.P.S: Was das Thema Journalisten und Social Media betrifft, hat sich Christian Jakubetz ein paar amüsante und lesenswerte Gedanken gemacht.
Der scheinbar berufsimmanente Grundoptimismus der PR-Branche zeigt sich von Halbjahr zu Halbjahr immer wieder, wenn die Kollegen von newsaktuell und Faktenkontor ihren aktuellen PR-Trendmonitor vorlegen. Dann beurteilen die PR-Kollegen aus Agenturen in schöner Regelmäßigkeit die Lage weitaus rosiger als ihre Kollegen aus den Pressestellen. So auch im aktuellen Trendmonitor vom September 2010: Da erwarten 42 Prozent der Agenturen ein Budgetplus und nur 25 Prozent der Pressestellen. Unser Vorschlag: Von der Differenz können die Agenturen dann ihre Weihnachstfeiern bezahlen.
Die Grundpessimisten unserer Branche sitzen scheinbar in den Redaktionen.Gefragt nach der Zukunft von Print, sagen 54 Prozent der Journalisten, dass diese Mediengattung bis 2020 "drastisch an Bedeutung verlieren" wird. Bei dern PRlern sind nur 46 Prozent dieser Meinung. Zwei Drittel der Journalisten prognostizieren sogar, dass 2020 "zahlreiche deutsche Tageszeitungen nicht mehr erscheinen" werden. Sie ahnen es bereits: "Nur" 54 Prozent der PR-Kollegen sind dieser Meinung.
Und wenn es noch eines letzten Beweises bedarf: Die PRler stellen den Journalisten ein besseres Zeugnis aus, als diese sich selbst. Gut 37 Prozent der Kollegen in Pressestellen und PR-Agenturen attestieren den Journalisten, dass sie die Herausforderungen des Internet erfolgreich gemeistert haben. Von den Redakteuren sagen das gerade mal ein gutes Viertel über sich selbst.
Wer nun Recht gehabt hat, die rosaroten Brillenträger oder die Schwarzmaler, werden wir 2020 überprüfen. Bis dahin setzen wir darauf, dass sich etliche der Journalisten, die ihren Job bei Tageszeitungen und anderen Printredaktionen verlieren werden, der Öffentlichkeistarbeit zuwenden. Um dann als journalistisch vorgebildete PRler nur noch pragmatische Prognosen abzugeben.Vielleicht erleben wir ja dann im PR-Trendmonitor 2015 die Situation, dass nur noch 5 Prozent der Agenturen mit einem Budgetplus rechnen, weil die Pressestellen ihre Aufträge direkt an die arbeitslos gewordenen Journalisten vergeben.
(Christian Faltin)
P.S.: Und weil newsaktuell vorbildliche Social Media Releases für seine Studie erstellt, hier noch die Umsetzung in bewegten Bildern.
Der PR-Branche ist es ja berufsbedingt (vor) gegeben, am Horizont stets rosarote Wolken zu sichten. Das gilt natürlich auch, wenn es um die Geschäftsentwicklung der eigenen Branche geht. Regelmäßig fragen dankenswerterweise newsaktuell und Faktenkontor im PR-Trendmonitor Agenturen und Pressestellen nach ihren Umsatzerwartungen. Und regelmäßig sind die Agenturen optimistischer als die, die Aufträge vergebenden Unternehmen. Hoffnung statt Realismus? Oder eine selbsterfüllende Prophezeiung?
Leider nicht! Denn da gibt es ja auch noch Gerhard Pfeffers regelmäßiges PR-Ranking, in dem die Agenturen – hoffentlich – ihre realen Umsätze melden: 2009 steht da aktuell ein Minus von 3,4 Prozent. Und was hatten die Agenturen vorab prophezeit: 70 Prozent erwarteten einen steigenden oder stabilen Umsatz (30 steigend, 40 Prozent stabil). Hm? "Läuft" würde Stromberg sagen.
Und wie geht es 2010 weiter? Sie ahnen es bereits: Fast 42 Prozent der Agenturen erwarten steigende Umsätze. Und wieder mal nur 16 Prozent der Unternehmens-Pressestellen. Sind das 26 Prozentpunkte Zweckoptimismus? Gerhard A. Pfeffer wird uns im April 2011 aufklären.
Verdunkeln sich Ihre Geschäftsaussichten auch? Dann bitte die Sonnenbrille abnehmen und bei Fielmann ein Exemplar mit rosa Gläsern ordern.
P.S.: Übrigens keine Frage, dass wir bei cocodibu 2010 selbstverständlich einen stark steigenden Honorarumsatz erwarten.(CF)