Florian Palatini ist Vertriebs- und Marketingchef bei item, dem nach eigenen Angaben Weltmarktführer bei Systembaukästen für industrielle Anwendungen. Seit 1976 entwickelt und vertreibt item Lösungen zum Bau von Maschinen, Betriebseinrichtungen und Anlagen. Das Unternehmen mit Sitz in Solingen beschäftigt weltweit rund 1.000 Mitarbeitende. Florian zählt mit aktuell über 285.000 Followern zu den Top 5 der reichweitenstärksten LinkedIn-Influencer in Deutschland, wo sonst nur TV-Prominenz oder (Ex)CEOs rangieren. Damit liegt er auch noch vor Finanzminister Christian Lindner (272.000) und Carsten Maschmeyer (265.000) im Ranking (Stand: 22.8.2023). Wir haben mit ihm über seine Strategie für das Business-Netzwerk gesprochen.
Erstmal Glückwunsch Florian, du hast vor kurzem die Marke von einer Viertelmillion Follower auf LinkedIn geknackt, bist aktuell unter den Top 5 des Followerrankings in Deutschland. Seit wann bist Du auf LinkedIn und warum bespielst Du den Kanal so strategisch?
Florian Palatini: Aufgrund meiner langjährigen Tätigkeit in Asien habe ich LinkedIn für deutsche Verhältnisse relativ früh entdeckt, aber erst 2019 begonnen, die Plattform aktiver zu nutzen. Im Rahmen von Marketing Automation und Lead Nurturing habe ich mich auf Unternehmensseite bereits intensiv mit der skalierbaren Qualifizierung von Kontakten beschäftigt. Das Thema Social Selling stellt hier eine interessante Ergänzung dar, um Unternehmen oder auch Personal Brands als Experten in Sozialen Netzwerken zu positionieren und so Entscheidungsprozesse auf Kundenseite aktiv mitzugestalten.
Bei guter Positionierung kann auch hier eine Skalierbarkeit im Netzwerk realisiert werden, die weit über 1:1 Kontakte hinausgeht, die den klassischen Vertrieb limitieren. Das fand ich damals sehr spannend und wollte mal gucken, wie erfolgreich sich einige Ansätze, die ich im Kopf hatte, umsetzen lassen.
Wie definierst Du Deine Rolle auf LinkedIn? Bist Du ein Vertriebler, der New Business dadurch treiben will? Oder eher ein Corporate Influencer? Oder ein Themen-Influencer? Oder ganz was anderes?
Florian Palatini: Ich denke eher von den Followern und deren Interessen kommend und weniger in den oben genannten Schubladen/Kategorien. Daher würde ich mich im Fuballjargon sprechend als jemand bezeichnen, der zwischen den oben genannten Linien agiert. Ich spiele in erster Linie Themen, die sich an meinen creator hashtags orientieren. Diese Hashtags haben natürlich eine Menge mit den Schwerpunkten zu tun, die item ebenfalls bedient.
Im Gegensatz zu anderen Ansätzen bin ich allerdings breiter unterwegs. Es geht darum, sich als der „go to guy“ für diese Felder zu etablieren und im sogenannten relevant set zu sein, sofern Follower Herausforderungen in den bespielten Themenfeldern sehen. Dann werden die Follower aktiv und kommen auf mich zu, was dem Social Selling Gedanken entspricht (vs. Kaltakquise)
Hast Du von Anfang an auf Video-Content gesetzt oder war das ein Lerneffekt?
Florian Palatini: Ich bin relativ schnell bei Videocontent gelandet, aber habe ab und an auch Bilder dabei. Wichtig ist, dass der Inhalt auf den ersten Blick dazu animiert, das Scrollen zu stoppen.
Wieviel Zeit kostet Dich die Suche nach dem Fremdcontent in der Woche? Du postet ja meist mehrmals pro Tag.
Florian Palatini: Die Recherche läuft häufig nebenbei und ich gucke immer nach Themen, die mir auch im Alltag begegnen und optimierungswürdig sind. Gerne auch in Richtung Analogien, die sich auf die Produktions- und Prozesswelt übertragen lassen.
Da klingt die Content-Produktion so beiläufig, das kann ich Dir nicht so richtig abnehmen, angesichts der Menge an Inhalten, die Du postest. Und jetzt die Frage aller Fragen nach dem ROI: Wie viele Kunden bzw. wie viel Budget hast Du für Euer Unternehmen durch Deine LinkedIn-Aktivitäten gewinnen können?
Florian Palatini: Die Recherche nach gutem Content, das Zusammenstellen und die Brücken zwischen unterschiedlichen Themenbereichen beanspruchen natürlich auch Zeit. Vieles geht allerdings mittlerweile nebenbei, da ich auch immer wieder interessante Inhalte zugeschickt bekomme.
Social Selling ist eher Marathon als Sprint. Man fällt nicht mit der Tür ins Haus, sondern positive Ergebnisse treten nach einer Weile über konstante Anfragen ein. Diese können vielschichtig sein. Konkrete Projektanfragen, Vorschläge anderer Unternehmen bezüglich lockerer Marketingkooperationen oder aber auch Anfragen aus leicht fachfremden Bereichen, die ich weiter vermittele.
Hinzu kommt, dass ich der Großteil meines LinkedIn-Netzwerk positiv auf meine direkte Kontaktaufnahme reagieren würde. Selbst wenn wir uns noch nicht persönlich kennen, wird der User die Message nicht als „Kalkakquise“ betrachten, denn über meine Inhalte besteht bereits ein gefühltes Vertrauensverhältnis besteht: Bekanntheit, Vertrautheit, Relevant Set (engere Auswahl)….und schon ist man im unteren Bereich des Funnels