Liebe Leser unseres cocodibu-Blogs, könnt ihr das Wort DSGVO noch hören? Wir nicht. Deshalb werde ich – obwohl das in diesem Fall sehr naheliegt – nicht mit der Datenschutzgrundverordnung einsteigen. Wir alle haben sie gefürchtet, auf den großen Wirbelsturm aus Abmahnungen gewartet, uns am „Geteiltes Leid ist halbes Leid“-Lagefeuer gewärmt und uns Geschichten erzählt, wie schön das Leben vor dem 25. Mai 2018 war. Wir haben die Thematik also gründlich durchgekaut.
Aus User-Sicht wird jedoch eines immer wichtiger: eine höhere Sensibilität im Umgang mit den eigenen Daten. Alles rund um dieses Thema beschreibt der Comic „Big Data – Das Ende der Privatheit?“ (erschienen 2017 bei Jacoby & Stuart) sehr anschaulich. Hinter der Geschichte steckt Michael Keller, als Journalist ein alter Hase bei den Themen Technologie und Privatheit, für die entsprechende visuelle Aufarbeitung sorgte Josh Neufeld, Zeichner und Comic-Profi. Im Comic begeben sich die beiden auf eine Reise durch die Gegenwart – aber vor allem auch die Zukunft. Welche Daten geben wir heute schon ganz leichtfertig ab und sind wir uns dessen bewusst? Welche Daten werden wir in ein paar Jahren bereits preisgeben und wie einfach wird es sein, uns dazu zu bewegen? Die Antworten lauten: sehr viele, nein, noch viel mehr und noch viel einfacher. So zumindest, der Eindruck der beim Lesen entsteht.
Man will doch nur dazugehören
Natürlich muss man fairerweise sagen, dass der Comic hauptsächlich ein Spiegelbild der amerikanischen Gesellschaft ist – dort nimmt der Datenhandel noch viel größere Ausmaße an – vor allem, weil es in den USA eben nicht wirklich gesetzliche Einschränkungen gibt. Da die meisten amerikanischen Player – siehe Google, Facebook und Co. – aber den europäischen Markt schon längst okkupiert haben, ist es umso wichtiger, aufzuzeigen, wohin das führen kann. Ob uns dann weitere Gesetze schützen können bleibt fraglich, schließlich geben wir alle unsere Daten viel zu leichtfertig und gerne her, wenn wir etwas dafür bekommen. Ein gutes Beispiel dafür ist Facebook: Datenskandale hin oder her, mit ungefähr 26 Millionen Usern ist immer noch rund jeder vierte Deutsche Facebook-Mitglied. Dafür haben Keller und Neufeld eine ganz einfache Erklärung: Wir wollen dazugehören. Je mehr Freunde auf der Plattform unterwegs sind, desto niedriger auch die Motivation sich abzumelden. Wir sind eben keine Einzelgänger.
Letzte Rettung Daten-Börse?
Vor allem zeigt der Comic unsere eigene Zerrissenheit, wenn es um das Thema Daten geht. Dass wir uns nicht gläsern machen sollten, wissen wir alle. Dass im Bekannten- und Freundeskreis beinahe wöchentlich Profile kopiert und für dubiose Zwecke eingesetzt werden auch. Dennoch nehmen Amerikaner beispielsweise in Kauf, dass Autoversicherungen über ein halbes Jahr hinweg ihren Fahrstil checken, wenn sie dann entsprechend eine billigere Versicherungspolice bekommen. Aber wer sagt uns, dass dieses Tauschgeschäft überhaupt fair ist? Die logische Konsequenz müsste eigentlich sein, dass wir bald an einer Datenbörse handeln. Du möchtest mein Zahnputzverhalten wissen? Kein Problem, diese Information wird derzeit für 10 USD gehandelt.
Man merkt, der Comic „Big Data – Das Ende der Privatheit?“ bringt zum Nachdenken. Seit dem Lesen habe ich aber sicher schon wieder die ein oder anderen Nutzungsbedingungen einfach heruntergescrollt und abgehakt. So ist das eben. Viel Spaß beim Lesen!
Schlagwort: Big Data
An Daten mangelt es nicht. An dem Wissen, sie richtig zu nutzen häufig schon. Genau aus diesem Grund trafen sich am 28. Januar 2016 Data-Experten und Marketing-Verantwortliche zum ersten W&V Data Marketing Day, um unter dem Motto „Verstehen. Anwenden. Profitieren.“ über die Herausforderung Big Data zu diskutieren.
Los gings mit Jochen Schlosser von Adform, der eloquent und kenntnisreich auch durch das gesamte Programm führte. Gleich zu Beginn versammelte er Experten von Nestlé, Siemens, Payback und .companion zu einer gemeinsamen Podiumsdiskussion. Dabei wurden vor allem eine Herausforderung besonders deutlich: Wie soll man als Unternehmen mit der extremen Datenflut umgehen? Daraus resultiert auch die Frage, was eigentlich alles gesammelt werden soll. „Die Kunst ist zu wissen, was man nicht braucht“, meint Nestlé-Manager Thomas Philipp bringt das viel gepriesene Smart Data ins Spiel. Auch hier gilt Qualität vor Quantität. Nur mit den richtigen Daten kann ein Unternehmen seine Zielgruppenansprache effizienter gestalten und gleichzeitig eine besseres Verständnis für Kundenbedürfnisse entwickeln.
Ein entscheidender Faktor bleibt jedoch auch im Zeitalter der Daten und Automation weiterhin bestehen: der Mensch, sprich: die Mitarbeiter eines Unternehmens. Gerade den Generationenkonflikt, der sich durch die Digitalisierung der Arbeitswelt auftut, ist eine zentrale Herausforderung. Laut André Pallinger von Payback gilt es, die ältere Generation zu schulen und das Team gleichzeitig mit „neuen Talenten“ aufzustocken. Daten richtig zu verstehen ist nämlich die oberste Voraussetzung, um daraus einen Storytelling-Ansatz kreieren zu können, so Michael Stenberg von der Siemens AG.
Facebook ist eine Goldgrube für Profilinformationen
Um eine relevante Story erzählen zu können, wird vor allem eines benötigt: kreative Impulse, die den Kunden begeistern. Wie es um das Zusammenspiel von Data und Kreation steht, wurde beim Schlagabtausch diskutiert. Zoja Paskaljevic, CEO des Dentsu Aegis-Networks, äußerte gleich zu Beginn eine steile These: Kein Unternehmen sei überhaupt in der Lage von Big Data zu sprechen, da schlicht weg niemand genügend eigene Daten zur Verfügung hat. Darum gilt es, einzelne Datenquellen zu verbinden. Facebook ist seiner Meinung nach eine Goldgrube, wenn es um relevante Kundeninformationen geht. Wie erfolgreich die Verbindung zwischen Data und Kreation bereits heute sein kann, verdeutlichte Thjnk-Gründer Michael Trautmann an den Beispielen von Nike und Dove. Während Dove die Tweets von Frauen auswertete, in denen die Unzufriedenheit mit dem eigenen Äußeren thematisiert wurde, nutzte Nike Daten aus der eigenen App, um personalisierte Animationsfilme zu produzieren.
Das Nachmittagsprogramm des Data Marketing Day wurde von praxisbezogenen Themen bestimmt. Frédéric Cuny von Kienbaum Management Consultants referierte über die Relevanz von Big Data für das Recruiting und analysierte die Frage, ob Algorithmen die besseren Recruiter sind. Das Best Practice Beispiel der Commerzbank zeigte den Besuchern, wie Daten schon heute ein Unternehmen voran bringen kann. Durch ein intelligentes Datenmanagement und eine zentrale Analytik, schaffte es die Bank aus dem „Next Best Offer aus Bankensicht“ den „Next Relevant Content aus Kundensicht“ zu machen. Und das mit großem Erfolg. Bereits in den ersten vier Wochen nach Personalisierung ihrer Website brachte es der Commerzbank ein Plus von neun Prozent an Vertragsabschlüssen ein.
Prof. Dr. Gerhard Riegl von der Hochschule Augsburg zeigte einen weiteren Data-Megatrend auf dem Podium. Wie lässt sich über Emotionen das Verhalten der Verbraucher entschlüsseln? Casinos in Las Vegas sammeln und werten bereits seit Jahren die Emotionen der Spieler aus und reagieren darauf vorrausschauend, um die Spieler am Tisch zu halten. Derartige Mechanismen lassen sich auch auf die Online-Branche übertragen. In seiner Vision wird Nudging zukünftig das Marketing ablösen. Das Erschließen von Emotionen bezeichnet Prof. Riegl als die Raketenstufe der Digitalisierung. Autos seien dabei die Hotspots für das Messen von Gefühlen.
Mehr zur Podiumsdiskussion und zum Schlagabtausch bei W&V Data Marketing Day 2016 gibt es auf wuv.de