Prognos mit falscher Prognose

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Prognos mit falscher Prognose

"Am liebsten erinnere ich mich an die Zukunft", soll Salvador Dali gesagt haben. Wir nehmen uns sein Zitat als Motto und werfen in unserer zwangslosen Reihe "Alte Studien unter der Lupe" einen Blick auf eine Analyse, die es im Jahr 2000 wagte, teilweise den Werbemarkt für 2010 zu prohezeien. Abgegeben hat die Prognose "Werbemarkt 2010" die Schweizer Prognos AG im Auftrag der Mediagruppe München. Mediendinos erinnern sich, das war der Vermarktungsvorläufer der heutigen SevenOne Media

Und jetzt zum Ergebnis: Wie gut hat Prognos prognostiziert?

Langfristprognose

 

Fangen wir mit dem großen Ganzen an. Laut Prognos sollten die Netto-Werbeinnamen aller Medien bis 2010 auf 72,5 Mrd. DM = 37,1 Mrd. € wachsen. Real lagen sie laut ZAW im vergangenen Jahr jedoch nur bei 18,7 Mrd. €. Also: Das war leider völlig daneben! Die Annahme eines durchschnittlichen Wachstums von 4,6 Prozent pro Jahr verzichtete komplett auf potentielle Wirtschaftskrisen.

Und jetzt zu den beiden konkreten Prognosen für die Mediengattungen TV und Online: Mit TV-Werbung sollten 2010 umgerechnet 7,3 Mrd. € erwirtschaftet werden. Leider lässt Prognos offen, ob brutto oder netto. Netto wurden laut ZAW 2010 knapp 4 Mrd. €, brutto laut Nielsen Media 10,9 Mrd. € erwirtschaftet. Prognos liegt also genau dazwischen. Die Nettoprognose wäre viel zu hoch, die Bruttoprognose viel zu niedrig. Also leider wieder vorbei. Bleibt noch die Onlinewerbung: Dem Soll-Wert von 2,5 Mrd. € laut Prognose stehen Werte von 861 Mio netto (ZAW), 2,4 Mrd. € brutto laut Nielsen und 5,4 Mrd. € brutto (laut Onlinevermarkterkreis) gegenüber. Auch hier das Fazit: Bei zwei von drei Rechenarten leider komplett vorbeiprognostiziert. Lustigerweise stimmen dennoch die prognostizierten Marktanteile beider Werbegattungen halbwegs: TV 21 % vs. 19,6 % (ZAW vs Prognos) und Online 5 % statt 6,6 %.  

Natürlich ist es höchstgradig unfair nach so langer Zeit, eine Studie aus dem Jahr 200 beim Wort zu nehmen. Aber seid wann sind Blogs fair? Wir halten uns deshalb an Karl Valentin: „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“  (Christian Faltin)

2 Kommentare

  1. Die Prognoszahlen waren alle netto gemeint, wie sich aus der 2004er-Spalte ableiten lässt.
    D.h.: TV hat in 2010 nur 4 statt 7,3 Mrd. erwirtschaftet. Die von den TVlern in Auftrag gegebene Prognose war für TV also viel zu hoch – surprise, surprise.
    Die Prognos-Prognose für Online ist dagegen überraschend gut: Die prognostizierten 2,5 Mrd. sind ja auch netto gemeint.
    Tatsächlich lagen sie netto in 2010 bei 2,2 Mrd. für Search+Affiliate (aus dem OVK-Report, da hier netto=brutto)
    plus 0,86 Mrd. für Display (ZAW, netto, aber eben nur Display), also in Summe 3,06 Mrd.
    Also nicht so weit weg von den prognostizierten 2,5 Mrd. Keine schlechte Prognose!

  2. Die Interpretation, dass die Zahlen netto gemeint sind, sehe ich auch so. Damit liegt Prognos für Online tatsächlich ganz gut. Auch sonst stimmen einige Vorhersagen aus der Studie, die nicht als Zahl sondern in spröder Prosa getroffen wurden. Aber wer Zahlen verkauft, muss damit leben, dass man ihn auch an Zahlen misst ;-).

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