#OMR16: Businessevent @ Generation Instagram
Stellen Sie sich vor, Sie sind für eine nicht ganz kleine Veranstaltung verantwortlich. Sie fühlen sich Rockstargleich, weil Sie auf einer Bühne gigantischen Ausmasses stehen und Tausende junger Menschen Ihnen an den Lippen hängen. Und da sitzt neben Ihnen auf der Bühne auch noch einer Ihrer Großsponsoren. Und der COO dieses Ladens, selbst ein ganz schön cooler Hund, sagt gerade deutlich vernehmlich, dass er ihre Veranstaltung ziemlich „handgeklöppelt“ findet. Auch deshalb, weil die Toiletten backstage wohl Schwächen hätten. Das wisse der Moderator ja, weil er sich gerade selbst hinter der Halle im Freien erleichert hätte.
Und jetzt? Rot werden, im Boden versinken, Hustenanfall bekommen? Philipp Westermeyer, Moderator der Online Marketing Rockstars, entschied sich nach kurzer Irritation einfach fürs Weitermachen, obwohl ihn Christian Schmalzl, COO von Ströer, ihn gerade öffentlich als „Wildpinkler“ geoutet hatte. Ganz schön cool, oder?
Willkommen bei den Online Marketing Rockstars, die aus vielen Gründen keine „normale“ Fachkonferenz sind. Unter den offiziell gemeldeten über 16.000 Besuchern waren in diesem Jahr viele Premierengäste, die wohl –wie ich – aus Neugier gekommen sind und weil die OMR-Macher richtig gute Marketer in eigener Sache sind.
Und, was fühlt der Premierengast, während die Twitter-Timeline (#OMR16) in Superlativen schwelgt? Hier mein persönliches Fazit:
Die Online Marketing-Rockstars sind…
– eine 1A-Show, die gut organisiert und top inszeniert ist: Jan Delay und Udo Lindenberg vor der Kaffeepause sind schwer zu toppen (wenn man deren Musik mag) und den Sound-Opener zur Konferenz konnten auch Taube fühlen. Mal ganz abgesehen von den Riesen-Screens und den Lichteffekten.
– die größte Tagesvorlesung für den Online-Nachwuchs: Die Riesenbühne von gefühlten 100 Meter Länge wurde nur getoppt durch die Disziplin, mit der viele Besucher, die keinen Platz mehr im gigantischen Auditorium fanden, etliche Speaker durchstanden – im wahrsten Sinne des Wortes
– das Business-Event für die Generation Instagram und die nächste Generation der Marketers
– der Meeting-Point der Unicorn-Wannabes: jede Menge leuchtende Augen bei den meist Mit- bis Endzwanzigern im Publikum, wenn auf der Bühne einerseits mit Millionen- und Milliarden-Umsätzen jongliert wurde und anderseits Fallbeispiele vorgestellt wurden (z.B. My Little Paris von Fany Péchiodat), wie aus der Leidenschaft einer einzelnen und aus einem Newsletter ein international tätiges Unternehmen werden kann
– eine Konferenz mit inspirierenden und unterhaltenden Speakern: Keynote-Opener Scott Galloway, Professor an der NEW York University, präsentierte nicht nur seine spannende Sicht der Entwicklung („alles außer den GAFA/GoogleAmazonFacebookApple hat langfristig kaum eine Chance“), sondern perfomte eindrucksvoll auch als Adele-Double.
– Mondelez-Social Guru Bonin Bough ging mit seinen OREO-Cases niemanden auf den Keks. Ganz im Gegenteil: Wer so präsentiert, steht eher im Verdacht, dass er was Besonderes im Keks hatte.
– ein Ort auf dem gestandene Chefredakteure Tech-Redakteure via T-Shirt-Werbung suchen (auch sonst wäre die OMR ein absoluter Fundus für clevere Recruiter)
– cooles Abend-Entertainment (muss ich der Timeline glauben, ohne einen der Gigs mit Deichkind und Fettes Brot persönlich besucht zu haben)
– ein prima Umfeld für die Sponsoren, wenn Sie denn KEINE Verkaufsveranstaltung (auch auf der Bühne) abziehen. Aber da konnte sich jeder selbst ein BILD machen.
Die Online Marketing Rockstars sind aber…
– keine Lobby-Veranstaltung für Werbung – gleich welcher Gattung: Etliche der präsentierten Cases legten Wert auf die Tatsache, dass Ihr Erfolg ganz ohne klassische Werbung (auch ohne Displaywerbung) zustande gekommen ist. Nur durch Viralität und die Kraft der jeweiligen Community (wie theshaderoom.com und My litte Paris). Marketing à la Rockstars hat nichts mit der üblichen „Werbung“ der letzten Jahrzehnte zu tun.
– keine Messe für schnelle Leads und Sales: die erstmals angebotene Messehalle am ersten Tag war zwar voll mit Besuchern, aber ohne jeglichen Charme und wohl auch ohne allzu viel Entscheider-Leads für die Standbesitzer. Business wurde – so das Fazit einiger Aussteller – eher weniger gemacht.
– noch kein Treffpunkt für das große Media-Business…: Erste Agentur-Chefs wurden gesichtet. Die, die nicht da waren, haben wahrscheinlich jemand zum Auskundschaften geschickt. Aber Möglichkeiten, sich in Ruhe zum Gespräch zu treffen, wären auf der OMR auch eher spärlich vorhanden gewesen.
-…und deshalb auch kein Ersatz für die dmexco oder die Internet World (aber eine prima Ergänzung) und keine Konkurenz für Hardcore-Fachkonferenzen wie d3con, tactixx oder den Performance Marketing Summit
Bei der Selbstinszenierung schwankte die OMR zwischen pubertärem Protz (gebrandeter Heli vor der Halle, der aber nie flog) und dem äußerst kühlen Charme normaler Messehallen. Die Speakerbesetzung und –dramaturgie war großes Kino, weil eben (größtenteils) keine Verkaufsshow geboten wurde. Manchmal fühlte man sich aber stimmungstechnisch an die New Economy-Euphorie Anfang des Jahrtausends erinnert. Und das angesichts eines Sterbens vieler AdTech-Unternehmen, wie Scott Galloway prognostizierte.
Ob der OMR-Besuch etwas für Ihr Business bringt? Die ein oder andere Inspiration, möglicherweise! Wenn nicht, hat er wenigstens Spaß gemacht. Und das können in Deutschland nicht viele Business-Konferenzen von sich behaupten. Also, buchen Sie Ihre Tickets für die Online Marketing Rockstars 2017 (am 2. und 3. März), solange Ihr Controlling diesen Text noch nicht gelesen hat.
P.S.: Die Kollegin Susanne Gillner von der Internet World zieht in ihrer Rockstars Review übrigens ein wesentlich positiveres Fazit der Messe.