Selbstprostitution bei Facebook?

Blog

 

Selbstprostitution bei Facebook?

Mit dem Journalismus ist es manchmal wie mit der Börse: erst kommt die Hausse, dann die Baisse. Will sagen: Erst werden die Themen hoch gehypt, dann gnadenlos zerrissen. Manchmal zurecht, weil beispielsweise das Geschäftsmodell einfach nicht trägt. Bei Second Life war das beispielsweise so. Manchmal einfach nur so. Weil es eben zu jedem medialen Trend gefälligst auch einen Gegentrend zu geben hat. Ein bißchen trifft das aktuell auf Facebook zu. Der lange gefeierte Unternehmensgründer Mark Zuckerberg bekommt derzeit ordentlich medialen Gegenwind. In Amerika genau so wie hierzulande. Nahezu zeitgleich giften die meinungsbildenden (Online-) Medien von FAZ ("Viele Menschen verlassen Facebook", "Facebook ist Selbstprostitution"), Spiegel ("Hurra mich gibt's nicht mehr") und Zeit ("Auf der Suche nach dem besseren Netzwerk") in diesen Tagen Facebook an. Angesichts der laxen Datenschutzregelungen teils zu recht. Andererseits scheint das Social-Netzwerk zum Teil auch Opfer des eigenen Hypes zu sein. Wenn etwa Spiegel-Redakteurin Julia Koch fast schon bedauernd berichtet,  dass sie "über die Seite keinen totgeglaubten Vetter in Amerika wiedergefunden, nicht nach einer Naturkatastrophe verschüttete Verwandte gesucht und auch nicht durch subversive Einträge zum Sturz eines Terrorregimes beigetragen" hat und Psychologie-Professor Ernst Pöppel in der FAZ  deutet, dass "Selbstinszenierung in solchen Netzwerken oft eine größere Rolle als die Kommunikation" spiele, möchte man beiden nur einen Ratschlag geben: einfach mal wieder ausgehen, raus unter die Leute. Nicht jeder Smalltalk an der Bar muss gleich in einer Neufassung der Relativitätstheorie enden und nur weil sich die junge Damen neben einem ein wenig aufgebrezelt hat, muss sie noch nicht gleich der Selbstinszenierung oder gar der Selbstprostitution verdächtig sein. So einfach und banal das wahre Leben ist, geht's eben auch im Web zu. (SK)

Schreibe einen Kommentar