Pro & Contra: die neue Facebook Timeline
Unser Facebook-Streit geht in eine neue Runde. Vor einigen Monaten haben sich Christian Faltin und Myrjam Ansorge bereits hier im Blog über die neue Timeline unterhalten – und waren sich nicht in allen Punkten einig. Nun, wo die Chronik für alle Facebooknutzer obligatorisch wird, mischt sich auch Susanne Hertenberger in die Diskussion ein.
Von: Susanne Hertenberger
Gesendet: Dienstag, 31. Januar, 09:08 Uhr
An: Myrjam Ansorge
Betreff: Die neue Facebook Timeline
Ich mag die neue Timeline von Facebook nicht. Und schon gar nicht, dass sie jetzt für alle verpflichtend ist. Mir ist die Chronik zu unübersichtlich. Und die Aufteilung in zwei Spalten – man muss im Zickzack lesen, um die richtige zeitliche Abfolge zu sehen – ist völlig unlogisch. Ich mag Veränderungen generell nur, wenn sie gleichzeitig auch Verbesserungen sind.
Abgesehen davon ist es unangenehm, die ganze Pinnwand der letzten Jahre ausgebreitet zu sehen. Ich erzähle ja offline auch nicht ständig Dinge, die Jahre her sind… Und es ist nun wirklich nicht nötig, sich an jeden Post – sei er von mir oder von anderen – erinnern zu müssen. Manche Aussagen und Einstellungen haben ja vielleicht vor Monaten oder Jahren Sinn gemacht, sind jetzt aber nicht mehr nachvollziehbar, geschweige denn witzig. Mir fehlt einfach diese ausgeprägte voyeuristische und alles-erzählen-wollende Ader. Warum verliert man online Prinzipien, die offline ganz selbstverständlich sind?
Außerdem traue ich diesen ganzen Privat- und Listeneinstellungen nicht wirklich. Und es ist mir auch zu aufwändig, mich damit zu beschäftigen, wo ich jetzt welchen Haken setzen und welche Liste aktivieren muss, damit meine Kontakte nur das sehen, was für sie bestimmt ist.
Von: Myrjam Ansorge
Gesendet: Dienstag, 31. Januar 2012 09:37
An: Susanne Hertenberger
Betreff: AW: Die neue Facebook-Timeline
Ob Veränderungen Verbesserungen sind oder nicht liegt auch beim Thema Timeline wie immer im Auge des Betrachters. Ich finde die neue Profilansicht genial: Sieht super aus, ist übersichtlich und man kann endlich mit nur wenigen Klicks nachschlagen, was man den eigentlich am 3.5.2007 so für blöde Fotos gemacht hat. Mit Voyeurismus hat das nicht zwingend etwas zu tun, denn deine Pinnwand war auch in der alten Version voll bestückt – man musste sich eben nur mehr Zeit nehmen, sein Profil zu durchwühlen.
Außerdem finde ich super-praktisch, dass du auch nachträglich Dinge eintragen kannst. Wer hätte denn gedacht, dass die anfangs langweilige Party im Sommer am Ende zum Event des Jahres mutiert?
SH: Oh, ich sehe schon, falsche Taktik, Pulver zu früh verschossen. :-) Lassen wir es also dahin gestellt, ob die neue Timeline übersichtlich und praktisch ist oder nicht. Ich werde mich schon irgendwie damit zurecht finden.
Ich glaube, dadurch, dass jetzt alles, was jemals auf meiner Pinnwand stattfand, so offensichtlich ausgebreitet ist, verstärkt sich bei mir der Voyeurismus-Gedanke. Aber nur weil ich kein Interesse habe, bei meinen Freunden die Pinnwand runter zu scrollen und alte Fotos und Posts aufzustöbern, heißt das ja nicht, dass alle so denken…
Auch entsteht durch diese Offenlegung – jedenfalls bei mir – noch mehr Unsicherheit bezüglich Datenschutz. Es wird mir deutlicher bewusst, welche Fülle an Daten Facebook tatsächlich von mir besitzt. Und dass „man“ – oder Facebook – diese theoretisch ganz leicht jedermann zugänglich machen könnte. Wer weiß schon, wie wasserdicht die „Privatsphäre“ mit all den Häkchen und all dem Kleingedruckten tatsächlich ist?
MA: Dass Facebook in punkto Datensammeln immer kreativer wird ist ja nichts Neues – darauf basiert das Geschäftsmodell. Und die neue Timeline ist natürlich ein weiteres Instrument für Facebook, noch mehr Infos abzugreifen. Um das zu vermeiden, müsste man sich also komplett abmelden bzw. hätte man sich gar nicht erst anmelden dürfen.
Unabhängig davon mag ich die neue Profilansicht trotzdem. Es geht ja nicht darum, dass du bei deinen Freunden die Pinnwand durchstöbern sollst, sondern, dass die neue Timeline eine schöne Möglichkeit für dich selbst (und Facebook :P) ist, dich an Vergangenes zu erinnern – und das auch gerne inkognito, denn du musst ja nicht jeden deiner Timeline-Einträge für Kontakte sichtbar machen. Diese Mär von Menschen, die Profile der Facebook-Freunde haargenau anschauen, finde ich übertrieben. Ich meine, seien wir doch mal ehrlich: Du hast doch auch keine Lust, auf der Pinnwand deiner Nachbarin zu schauen, was sie die letzten fünf Jahre so gemacht hat, oder?
SH: Siehst du? Da sind wir uns doch einig. 🙂
(Susanne Hertenberger und Myrjam Ansorge)